Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in der Neuzeit (7, Die Neuzeit ; Zweite Periode ; 1928)

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Die kleineren Zentren 
durch das der Amsterdamer Magistrat alle Zünfte und Gilden mit 
Ausnahme derjenigen der Makler den Juden unzugänglich machte. 
Von den freien Berufen stand ihnen nur der ärztliche offen, während 
ihnen die Ausübung des als eine Art Staatsdienst geltenden Advokaten 
berufes schon aus dem Grunde unmöglich war, weil die Übernahme 
des Anwaltsamtes mit der Leistung eines Eides nach christlichem 
Ritus verbunden war. Unter all diesen Rechtsbeschränkungen hatten 
hauptsächlich der jüdische Mittelstand und die ärmere Schicht der 
jüdischen Bevölkerung zu leiden, wohingegen die Großkapitalisten 
weitestgehende Bewegungsfreiheit genossen, die ihnen namentlich auf 
dem Geldmärkte zugute kam. Die Rolle, die das jüdische Kapital 
auf der zur Weltgeltung emporgestiegenen Amsterdamer Börse 
spielte, wurde immer bedeutsamer. Durch ihre Mitwirkung an den 
Unternehmungen der Ost- und Westindischen Kompanie trugen die 
jüdischen Finanzmänner nicht wenig zur Erschließung und Aus 
beutung der Schätze der Überseekolonien bei und gewannen so un 
mittelbaren Einfluß auf die Gestaltung des Weltmarktes. An den 
beiden ausschlaggebenden Gesellschaften als Großaktionäre beteiligt, 
verstanden sie es, durch die von ihnen gegen Ende des XVII. Jahr 
hunderts auf den holländischen Börsen geschickt getätigten Effekten 
geschäfte große Spekulationsgewinne zu erzielen. Die auf diese Weise 
zu hohem Wohlstand gelangten Finanzmänner waren nicht selten in 
der Lage, dem Staatsschatz und den an der Spitze der Republik ste 
henden Statthaltern wichtige Dienste zu leisten. Die große Anhäng 
lichkeit, die die Juden den Statthaltern aus dem Hause Oranien ber 
kündeten, hatte ihren Grund nicht zuletzt darin, daß diese in dem 
damaligen Europa die einzigen Staatsoberhäupter waren, die ihre jü 
dischen Untertanen völlig unbehelligt ließen. Die aufrichtige Vater 
landsliebe der holländischen Juden trat namentlich während des Krie 
ges mit Frankreich zutage, in dessen Verlauf sie in Gemeinschaft mit 
der christlichen Bürgerschaft mit größtem Eifer die Städte gegen den 
in das Land eingebrochenen Feind verteidigten (1672). Als nach dem 
Sturz der Aristokratenherrschaft das Haus Oranien den Niederlanden 
erneut einen Statthalter, Wilhelm III. (1672—1702), stellte, begeg 
nete dieser den Juden mit ganz besonderem Wohlwollen, indem er 
ihre Handelstätigkeit in jeder Weise begünstigte und ihre Freiheiten 
gegen alle Anschläge der Landesstände getreulich in Schutz nahm. 
Auch stand er nicht aji, Juden mit den Vollmachten konsularischer
	        
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