Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in der Neuzeit (7, Die Neuzeit ; Zweite Periode ; 1928)

§ 3. Das ukrainische Gemetzel (16U8) 
Schwangeren Frauen schlitzte man den Bauch auf, riß die Frucht 
aus dem Leibe und schleuderte sie der Mutter ins Gesicht; anderen 
preßte man lebende Katzen in den Leib hinein, nahte ihn dann wie 
der zu und hieb den Unglücklichen die Arme ab, damit sie sich 
nicht helfen könnten. Säuglinge wurden auf der Brust ihrer Mütter 
aufgehängt. Manche wurden auf Lanzen aufgespießt, gebraten und 
den Müttern gereicht, damit sie ihr Fleisch kosten mögen. Mitunter 
warf man Haufen jüdischer Kinder ins Wasser, um die Furten zu 
ebnen . . . Die Tataren aber machten die Juden zu Gefangenen; doch 
vergewaltigten auch sie Frauen vor den Augen ihrer Gatten und führ 
ten die Schönsten als Sklavinnen und Kebsweiber ab. In nicht minder 
grausamer Weise verfuhren die Kosaken überall auch mit den Polen, 
insbesondere mit den Priestern“. 
Vom östlichen Ufer des Dnjepr griff der Aufstand auf das Innere 
der Ukraine, auf das Gebiet um Kiew über. In einigen Städten (in 
Pogrebischtsche, Schiwotow u. a.), in denen sich die Juden einerseits 
von den Kosaken, andererseits von den Tataren bedrängt sahen, be 
schlossen sie, sich freiwillig den Tataren zu ergeben, um wenigstens 
das nackte Leben zu retten. Etwa dreitausend Juden begaben sich mit 
Weib und Kind in das Tatarenlager. Als sie dort angelangt waren, 
stimmte der voranschreitende Kantor Hirsch das Gebet für das Seelen 
heil der Märtyrer an und sein Trauergesang war so ergreifend, daß 
alle ihm Nachfolgenden in lautes Schluchzen ausbrachen. Von Mitleid 
übermannt, nahmen die Tataren die Juden in ihre Obhut, um sie als 
Gefangene nach der Türkei zu schaffen, wo die großen jüdischen Ge 
meinden die der Freiheit beraubten Stammesgenossen stets loszukau 
fen pflegten. Nach Konstantinopel gebracht, erhielten die Gefange 
nen denn auch bald ihre Freiheit wieder. Für die Auslösung der vie 
len im Laufe dieses Sommers von den Tataren nach der Türkei ver 
schleppten Scharen polnischer Juden wurden in Konstantinopel, Sa 
loniki und anderen türkischen Städten, aber auch in Venedig, Li 
vorno, Hamburg und Amsterdam Kollekten veranstaltet, deren Ertrag 
in der türkischen Hauptstadt von einem besonderen Ausschuß nach 
Bedarf verausgabt wurde. 
Im zweiten Monat des Aufstandes (im Mai) wurde der polnische 
König WLadislaw IV. plötzlich vom Tode ereilt, worauf das Land 
ein halbes Jahr lang den Wirren des Interregnums preisgegeben war. 
Die Flammen des Aufruhrs breiteten sich über die ganze westliche 
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