Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in der Neuzeit (7, Die Neuzeit ; Zweite Periode ; 1928)

Die Entstehung des jüdischen Zentrums in Rußland 
geleistet. Im Jahre 1727 erließ im Namen Katharinas der Oberste 
Geheime Rat den Befehl, dem Erbauer der Synagoge, Baruch Leibow, 
mitsamt seinen Geschäftsgenossen die Pacht der Zölle und der Schank 
steuer zu entziehen und sie ebenso wie alle anderen in Zwjerowitsch 
ansässigen Juden ohne Säumen über die Grenze abzuschieben. Nicht 
weniger bezeichnend ist der Zwischenfall, der sich im Jahre 1733 
abgespielt hat. Der Erzbischof von Belgorod (Gouvernement Kursk) 
erhielt Kunde davon, daß in einer in seinem Kirchensprengel gelege 
nen und zum Besitzstand des Kammerherrn Jusupoff gehörenden 
Siedlung „neben allerhand sonstigen Juden sich einer auf halte, der 
kein gewöhnlicher Jude, sondern ein Rabbiner ist, und daß sie alle 
zusammen — wie es in dem Bericht an die Synode weiter heißt — in 
der obigen Siedlung ein Haus eingerichtet haben, in dem sie ihre 
mannigfachen gottverhaßten Zeremonien, wie etwa die Beschneidung 
und Hochzeiten, vollführen“; darüber hinaus unterhielten die Juden 
ein Haus, in dem sich Christen „durch Judentrank und sonstige Ge 
setzesübertretungen besudeln“. Des weiteren berichtet der Erzbischof, 
daß er, um die von ihm Betreuten „vor Afterglauben und jeglicher 
Schande zu bewahren“, den Gutsverwalter ersucht habe, die Juden 
aus der Siedlung zu vertreiben, dies jedoch nur durch Androhung des 
Kirchenbannes erreicht habe. In der Befürchtung, daß der einfluß 
reiche Würdenträger Jusupoff diese Verfügung beanstanden könnte, 
fragte nun der Erzbischof bei der Synode an, ob er sich durch seine 
Handlungsweise irgendwie schuldig gemacht hätte, und beteuerte, daß 
er nur das eine bezweckt hätte: „daß sein Sprengel von den garsti 
gen, verdammten und ruchlosen Juden gesäubert werde und daß sie 
der Herde Christi keinen Schaden zufügen“. In ihrem Antwortschrei 
ben begnügte sich die Synode nicht allein damit, den Erzbischof ihrer 
Zustimmung zu versichern, sondern hob überdies ausdrücklich her 
vor, daß selbst die Vermutung, sie könnte Juden in Schutz nehmen, 
ihr äußerst verletzend erscheine. Die Heilige Synode war in der Tat 
in dieser Beziehung über jeden Verdacht erhaben: als es vier Jahre 
später zu einem Prozeß wegen „Verführung“ eines Christen zum Ju 
dentum kam, legte sie die Gesinnung eines regelrechten Inquisitions 
tribunals an den Tag. 
Dem Prozeß lag der folgende Tatbestand zugrunde. Der uns be 
reits bekannte Zollpächter Baruch Leibow, der auch nach seiner Aus 
weisung keinen Anstand nahm, die ihm verwehrte russische Grenze
	        
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