Volltext: Die älteste Geschichte des jüdischen Volkes (1, Orientalische Periode / 1925)

§ 72. Der neue Tempel; die Propheten Haggai und Sacharja 
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sehen Volksältesten, wer ihnen denn die Errichtung dieses Gebäudes 
gestattet hätte, und erhielt zur Antwort, daß die Erlaubnis den aus 
Babylonien heimgekehrten Judäern noch von König Kyros erteilt 
worden sei und daß die Grundsteinlegung schon vor langer Zeit, 
unter Sesbazar, dem Statthalter Kyros’, stattgefunden habe. Nach 
dem Tatnai dieses vernommen hatte, erstattete er dem König Darius 
über die ganze Angelegenheit unverzüglich Bericht. Der König be 
fahl, in den verschiedenen Aktenaufbewahrungsstätten nachzusuchen, 
und bald darauf wurde in der persischen Stadt Ekbatana die Ver 
ordnung des Kyros aufgefunden, in der er die Errichtung eines 
„Hauses Gottes“ in Jerusalem genehmigte. Da befahl Darius seinem 
Satrapen Tatnai, die Bauarbeiten nicht nur nicht zu behindern, 
sondern sie auch durch Vorschuß von Geldmitteln zu unterstützen, 
die den von der syrischen Satrapie an den Staatsschatz abzuführen 
den Abgaben entnommen werden sollten. 
Der Tempelbau wurde im sechsten Regierungsjahre des Darius 
(5i6), am dritten Tage des Frühjahrsmonats Adar vollendet, siebzig 
Jahre nach der Zerstörung des ersten Tempels durch die Babylonier. 
(Darum rechnet auch die Tradition mit einer siebzigjährigen Dauer 
des „babylonischen Exils“.) Josua und Serubbabel veranstalteten 
eine feierliche Einweihung des Tempels, und bald darauf wurde 
in Freuden das Passallfest begangen, in Anwesenheit großer Volks 
massen, die nach Jerusalem gepilgert waren. 
Im jüdischen Volke machte sich nun von neuem ein starker 
geistiger Aufschwung bemerkbar. Die Reden des Propheten Haggai 
und Sacharja 1 ) erfüllten die Bevölkerung Jerusalems mit Begeisterung 
und erweckten in ihnen die Hoffnung auf eine frohe Zukunft. So 
sagte Haggai, daß dem neuen „zweiten Tempel“, mochte er auch 
dem alten Salomonischen Tempel an Pracht nachstehen, doch strah 
lender Ruhm beschieden sei> denn er werde der Tempel des Friedens 
und der Eintracht sein. Der Prophet nannte Serubbabel den „Aus 
erwählten Gottes“ und prophezeite ihm in geheimnisvollen Worten 
eine glänzende Zukunft, indem er Anspielungen auf gewisse bevor 
stehende politische Umwälzungen machte (2, 21—23). Noch ge- 
*) Von einem Propheten dieses Namens, einem Zeitgenossen Serubbabels, sind 
die ersten acht Kapitel des biblischen „Buches Sacharja“ verfaßt; die übrigen 
Kapitel (9—14) stammen anscheinend von einem Propheten aus späterer Zeit 
(s. unten, Kap. V).
	        
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