Volltext: Die älteste Geschichte des jüdischen Volkes (1, Orientalische Periode / 1925)

Das babylonische Exil 
Hirten der erlösten Nation wird Gott selbst werden und seinen 
Willen wird der Fürst aus dem Geschlechte Davids erfüllen 
(Kap. 34). 
Das in den Visionen Jeheskels neuerstandene judäische Reich 
weist Züge einer strengen Theokratie auf. Es ist nicht so sehr ein 
politisches wie ein religiöses Gemeinwesen. Jerusalem ist die künf 
tige geistige Hauptstadt, denn dort befindet sich der hehre Tempel. 
In den späteren Prophezeiungen Jeheskels (um 572) ist ein aus 
führlicher Entwurf des künftigen Jerusalemer Tempels mit einer 
Beschreibung seiner Bauart und seiner inneren Ausstattung ent 
halten. Im neuen Jerusalem wird dem künftigen Herrscher Judäas, 
dem nur der bescheidene Titel eines „Fürsten“ (Nassi), nicht aber 
der eines Königs, beigelegt wird, eine nicht fest umrissene Stellung 
zwischen dem Volke und der Hierarchie der Priester aus dem Ge 
schlechte Zadoks eingeräumt. Tempel und regierende Priesterschaft 
stehen im Mittelpunkt der von Jeheskel entworfenen Verfassung 
des zu erneuernden Staates (Kap. 4o—48). Diese Grundgesetze 
stimmen mit den Geboten des Deuteronomium und des „Priester 
kodex“ (Leviticus) überein und nehmen zum Teil die theokra tische 
Verfassung des künftigen Judäa vorweg, in der der weltliche Herr 
scher des Staates und der geistige Hirte des Volkes in der Person 
des Jerusalemer Hohepriesters tatsächlich vereint waren. In solchen 
Idealen des Propheten ist der Einfluß seiner priesterlichen Ab 
stammung bemerkbar: am Ende seines Lebens scheint die kirchliche 
Gesinnung über den Schwung seiner verinnerlichten Frömmigkeit 
die Oberhand gewonnen zu haben. 
Auch der Form nach unterscheiden sich die Reden Jeheskels von 
denen seiner Vorgänger: sie haben zum Teil die Form von himm 
lischen (Mareoth Elohim, Kap. 1, 10 u. a.) oder irdischen Visionen 
(so die erwähnte Vision von den toten Gebeinen), teilweise die von 
Allegorien. In den Allegorien bedient sich Jeheskel der Vorführung 
bestimmter Gegenstände (z. B. zweier Holzstücke mit den Inschriften 
„Juda“ und „Ephraim“ in der Parabel von den zwei Bäumen) oder 
gewisser symbolischer Handlungen (Kap. f\, 5, 12 u. a.). Auch das 
messianische oder eschatologische Moment kommt oft in den Reden 
Jeheskels, wenn auch in verschleierter Form, zum Ausdruck: so 
spricht er von dem Jüngsten Gericht über Israel (der Läuterungsakt 
in der „Wüste der Völker“, Kap. 20) sowie über alle anderen Völker
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.