Volltext: Die älteste Geschichte des jüdischen Volkes (1, Orientalische Periode / 1925)

Das babylonische Exil 
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nach Landsmannschaften zusammen. So gab es Gemeinden der 
ehemaligen Bethlehemiten, Jerichoniten, Verbannter aus Rama, aus 
Anatot und anderen judäischen Städten. Die Jerusalemer Ansiedler 
zerfielen in Familiengruppen, deren jede sich von einem gemein 
samen Ahnherrn herleitete. Die genealogischen Register einer jeden 
Gruppe wurden sorgfältig zusammengestellt und bei ihrem Ältesten 
oder Repräsentanten aufbewahrt. Ein aus den Familienältesten 
(Sekenim) gebildeter Rat verwaltete die Gemeindeangelegenheiten in 
den Grenzen der den Gefangenen gewährten inneren Autonomie. 
Wir haben Grund anzunehmen, daß den in Babylonien ent 
standenen jüdischen Gemeinden sich zu dieser Zeit auch die 
noch in ihrer Sonderart verharrenden Nachkommen der Ver- ) 
triebenen aus dem nordisraelitischen Reiche anschlossen. Im 
VIII. Jahrhundert tief in das Innere Assyriens verschlagen, verloren 
sich viele Israeliten des nördlichen Reiches unter den einheimischen 
Völkerschaften; ein Teil von ihnen aber, der sich in den früheren 
babylonischen Provinzen Assyriens niedergelassen hatte, vermochte 
seine Nationalität während des Zeitraums von i3o Jahren, bis zum 
Auftauchen der judäischen Verbannten in Babylonien, aufrechtzu 
erhalten. Dieser unversehrt gebliebene Rest der altisraelitischen Na 
tion vereinigte sich mit den in seiner Nähe angesiedelten Stammes 
brüdern aus Juda. „Israel“ und „Juda“, die sich in der Heimat 
gegenseitig befehdet hatten, näherten sich nun einander als Ver 
bannte in der Fremde und verschmolzen schließlich zu einer un 
teilbaren Einheit. Die Propheten jener Zeit erblickten in dieser 
Tatsache den Beginn einer Wiedergeburt des zerstreuten Volkes und 
prophezeiten die politische Vereinigung des „Geschlechtes Israel“ 
und des „Geschlechtes Juda“ in baldiger Zukunft (Buch Ezechiel 
16, 53 ff.; 3 7 , i6f.). 
Die Gemeindeautonomie trat an Stelle der staatlichen Selbständig 
keit, und die Geschlechtsältesten versahen das Amt der Obersten. Im 
selben Sinne mußte sich auch eine Änderung im religiösen Leben 
vollziehen. Nach der Zerstörung Jerusalems und der Vernichtung 
des Tempels wurde der offizielle Tempelkultus mit Opferdar 
bringungen sogar in Juda abgeschafft. In der Fremde konnte 
man erst recht nicht daran denken, von dem Vieh oder den Acker 
erzeugnissen, die nicht dem Boden Kanaans entstammten, Jahve 
Opfer darzubringen. Der Kultus der drei großen Jahreszeitfeste:
	        
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