Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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dürfniß seiner Seele und deren freier Entwurf war. Dieser Be 
trachtungsweise, die dem hartnäckigen Stillstände wie der gewalt 
samen Bewegung gleich abgeneigt war, waren seine Ideen in je 
der Richtung gemäß; ihr entsprach Göthe als Dichter und Phi 
losoph, als Naturforscher und Staatsmann. Je näher ein philo 
sophisches System dem Jdentitätsprincip und der Idee gesetzmäßi 
ger Entwicklung angehört, um so verwandter ist es dem Genius 
dieses Dichters. Darum befreundete sich Göthe in der kanti- 
sch e n Philosophie am meisten oder vielmehr allein mit der Kri 
tik der Urtheilskraft, weil hier die Identität von Natur und Geist 
angestrebt oder doch ästhetisch zugelassen wurde, und die spätere 
Jdentitätsphilosophie, wenn er sie näher gekannt hätte, würde ihm 
vielleicht unter allen Systemen am congenialsten gewesen und als 
die Erfüllung dessen erschienen sein, was er von Fichte vergebens 
erwartet hatte. Darum sympathisirte Göthe unter den frühern 
Philosophen mit Spinoza, so weit dieser Pantheist und Jdenti- 
tätsphilosoph war; besonders aber mit Leibniz, der aus dem Be 
griffe der Identität den Begriff der continuirlichen Entwicklung 
löste. Und auf der andern Seite leuchtet ein, warum die spätern 
Jdentitätsphilosophen Schelling und Hegel sich unter allen Dich 
tern Göthen am nächsten verwandt fühlen. Göthe vereinigt 
in naiver Weise und ohne jede philosophische Absicht die Allein 
heitslehre Spinoza's mit der leibnizischen Monadologie, er ver 
folgt und sucht überall das Naturgesetz der Metamorphose und 
Evolution, und wenn seine philosophische Weltansicht mit ei 
nem bestimmten Namen bezeichnet werden soll, so möge sie in je 
nem leibnizischen Pantheismus bestehen, den vor ihm Lessing 
anstrebte und nach ihm Schelling erfüllte. Ein natürlicher Feind 
des Dualismus, wie er war, mußte er jenen unversöhnlichen 
Gegensatz zwischen Naturalismus und Theismus, den Jacobi so
	        
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