Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

hat. Giebt es im Menschen ein ursprüngliches Vermögen, 
worin sich der Mensch nicht dem Grade, sondern dem Wesen 
nach von allen übrigen Geschöpfen unterscheidet: so hatte vor 
Jacob! die Philosophie diese Thatsache nichtzu ent 
decken, nicht zu erklären vermocht, wenn wir nicht etwa 
mit Jacobi die platonische Jdeenlehre mit ihren tiefsinnigen My 
then vom Ursprünge der menschlichen Seele ausnehmen wollen. 
Entweder sah die Philosophie im Menschen nur ein Glied im 
mechanischen Naturzusammenhange, nur einen Theil des natür 
lichen Weltalls und mußte ihm unter diesem Gesichtspunkte alle 
Ursprünglichkeit und Freiheit absprechen; oder sie dachte den 
Menschen als ein Glied in der Stufenordnung der Natur und 
konnte unter diesem Gesichtspunkte zwar die menschliche Ursprüng 
lichkeit, aber nicht im absoluten, sondern nur im relativen und 
graduellen Unterschiede von den übrigen Wesen behaupten. Ent 
weder galt der Mensch für einen Modus, wie bei Spinoza, oder 
für eine Monade von höherer Potenz, wie bei Leibniz: in bei 
den Fällen ist der Mensch nur dem Grade nach von den Natur 
wesen unterschieden und, mit den Thieren verglichen, nur eine 
höhere Thiergattung; in beiden Fällen ist der Mensch ein Ding 
unter Dingen. Und weil hierin beide Systeme übereinstimmen, 
darum beurtheilt sie Jacobi unter demselben Gesichtspunkt und 
erklärt Leibniz so gut als Spinoza für einen bloßen Naturalisten. 
Wenn es nun im Menschen Etwas giebt, das in der ganzen 
Natur, in allen andern Wesen nichts Analoges findet; so ist da 
mit die menschliche Ursprünglichkeit in ihrem absoluten, unver 
gleichlichen Unterschied von allen andern Wesen bewiesen, so ist 
damit Leibniz so gut als Spinoza und die Verstandesphilosophie 
überhaupt widerlegt. Dieses Etwas kann nicht der Verstand 
sein, denn ein Analogon des Verstandes haben auch die Thiere,
	        
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