Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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fassen. Sie denkt nach dem Satze des Grundes; sie begrün 
det eine Erscheinung durch eine andere, diese wieder durch eine 
andere, zuletzt jede einzelne durch das Ganze. Darum kann sie 
im Menschen niemals eine ursprüngliche, selbstthätige Kraft, also 
nur einen graduellen, aber keinen wesentlichen Unterschied von 
den übrigen Dingen entdecken: sie ist daher unfähig, Persönlich 
keit und Freiheit zu begreifen. Der Verstand denkt, indem er 
bedingt; was er denkt, verwandelt er in ein Bedingtes, er ur 
theilt nach dem Grundsätze der Identität: daß das Bedingte be 
dingt sei, d. h. er erklärt idem per idem. Wie er im Menschen 
die Freiheit, so muß er in der Welt die Schöpfung, also mit 
einem Worte die schaffende Freiheit verneinen; das System, wel 
ches am klarsten und entschiedensten Freiheit und Schöpfung ver 
neint hat, erscheint daher Jacobi unter allen Systemen als das 
folgerichtigste und rationalste. 
3. Alle Verstandest! kennt» iß gleich Spin oz i s mus. 
Diese Vollkommenheit findet er in der Lehre Spinoza's. 
Hier entdeckte Jacob! die auf bloßen Verstand gegründete Wissen 
schaft in ihrer reinsten Vollendung. Es ist nicht unwichtig, den 
Gang zu verfolgen, der Jacobi zu dieser Entdeckung geführt hat, 
die für das Verständniß Spinoza's folgenreich und für ihn selbst 
entscheidend wurde. Er gehörte zu den Geistern, die durch An 
schauung geweckt und aufgeklärt sein wollen und denen Nichts 
einleuchtet, was nicht durch wirkliche Anschauung offenbart wer 
den kann. Seine ganze Natur widersprach der dogmatischen 
Metaphysik, und er begriff bald, warum diese Philosophie, die 
seinem Zeitalter geläufig war, den lebendigen Wahrheitssinn nicht 
befriedige. Sie kann das Dasein selbst nicht beweisen, weil sie 
den Ursprung desselben, die Kraft, wodurch Dasein entsteht, zu
	        
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