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gilt, was Hamann so nachdrücklich geltend gemacht hatte, die
Einheit der menschlichen Natur als ein untheilbares Ganzes: so
stellt sich hier unwillkürlich die Aufgabe, die Erkenntniß selbst
auf die Religion als auf die Urthatsache der menschlichen Natur
zu gründen. Diese Aufgabe macht den Standpunkt Ja cobi's.
Es ist für den Standpunkt und die Stellung Jacobi's bezeich
nend , daß Lessing's Frage über den Ursprung der Religion, die
im Antigoeze und in der Erziehung des Menschengeschlechts zur
Sprache kam, ihn so mächtig anregte und ergriff, daß er seitdem
Alles begierig aufsuchte und las, was Lessing über die religiösen
Dinge geurtheilt hatte. Schon in dieser Anknüpfung an Lessing
ist Jacobi der Aufklärung und Philosophie näher verwandt als
Hamann, der gar nichts mit ihr gemein haben wollte. Indessen
war er sich ebenso deutlich als Hamann des Gegensatzes bewußt,
der ihn von der bisherigen Philosophie trennt; zugleich aber ver
mochte Jacobi, was einem Hamann bei seinem Standpunkt und
seiner Geistesart nicht gegeben war: jenen Gegensatz bestimmt
und klar zu formuliren. Eben darin liegt Jacobi's große Be
deutung für die Geschichte der Philosophie. Er fand den logischen
Ausdruck gegen die dogmatische Verstandeserkenntniß, so wenig er
auch sein eigenes Princip positiv ausbilden konnte. Daß er den
letzteren Versuch, der fehlschlagen mußte, überhaupt unternahm;
daß er nicht bloß die Grundlagen der bisherigen Philosophie auf
lösen, sondern selbst neue legen wollte: das ist der Nachtheil
Jacobi's im Vergleiche mit Hamann, der sich so weit mit der
Philosophie nicht einließ.
2. Kritik der Verstandeserkenntniß.
Einen Satz hat Jacobi einleuchtend bewiesen, daß die Ver
standesphilosophie niemals im Stande sei, das Ursprüngliche zu