Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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die künstliche Bildung abgeschwächt ist? Was ist der Mensch, 
wie er unmittelbar aus der Hand der Natur und aus der Hand 
Gottes hervorgeht? Offenbar ist der Mensch in dieser Unmittel 
barkeit Gott und der Natur am nächsten verwandt; alle seine 
Gemüthskräfte sind hier noch in voller, ungebrochner Einheit 
bei einander; noch hat sie der Mechanismus der Bildung nicht 
abgespannt und entzweit. 
Dieser ursprüngliche menschliche Mikrokosmus schwebt der 
speculativen Einbildungskraft des Zeitalters vor als das Urbild 
der Menschheit, als der Genius der menschlichen Natur, den 
man in seiner Originalität wiederherstellen, wiederbeleben, zu 
dem man aus dem gegenwärtigen, aller ächten Ursprünglichkeit 
entfremdeten Bildungszustandc zurückkehren müsse. „Man sehnt 
sich nach des Lebens Büchen, ach! nach des Lebens Quelle 
hin!" Mit diesen Worten ist der Geistesdrang dieser Zeit aus 
gesprochen, deren Züge nirgends gewaltiger und hinreißender aus 
geprägt sind, als in dem göthe'schen Faust, der aus eben jenem 
Drange hervorging. 
Die menschliche Natur in ihrer Ursprünglichkeit, in ihrer 
Einheit! Die menschliche Natur als der lebendige Spiegel des 
Weltalls! Das ist sie nur in ihren kindlichen, kleinen, dunkeln 
Vorstellungen, wodurch Leibniz den Zusammenhang zwischen Na 
tur und Geist, das continuirliche Stufenreich der Kräfte, die 
Harmonie des Universums erklärt und die Geltung des Indivi 
duums als eine Welt im Kleinen gerechtfertigt hatte*). 
Nun können wir das Ganze nur vorstellen und desselben nur 
innesein in der Weise der dunkeln Erkenntniß. Das dunkle Be 
wußtsein ist das Gefühl. Der usprüngliche Mensch ist der füh- 
*) Vgl. oben Cap. X. des vorigen Buchs. S. 549—567,
	        
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