Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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gungen darzuthun und durch die Idee der geschichtlichen Entwick 
lung jenen starren Widerspruch zu lösen, worin die Verstandesauf 
klärung befangen geblieben war: den Widerspruch zwischen Ver 
nunft und Geschichte, Vernunstreligion und Offenbarungsglauben. 
Diese Betrachtungsweise, nachdem sie einmal in Gang ge 
kommen, wird natürlich immer weiter in die Vergangenheit bis 
zu der Urgeschichte der Menschheit zurückgewiesen; sie steigt von 
Culturstufe zu Culturstufe herunter bis zu den Anfängen der 
menschlichen Bildung. Die Quelle der Menschengeschichte ist der 
Punkt, auf den diese Gedankenrichtung nothwendig hinweist, und 
der bald auf das Lebhafteste die Einbildungskraft des speculati- 
ven Geistes beschäftigt. Wo und was ist der Anfangspunkt aller 
menschlichen Bildung, der Ursprung aller menschlichen Entwick 
lung? Wie Leibniz in den angebornen Ideen den Ursprung der 
menschlichen Erkenntniß entdeckt hatte, die Begriffe a priori, 
die aller Wissenschaft vorausgehen; so sucht man jetzt den Ur 
sprung der Menschenbildung überhaupt, den Menschen a priori, 
der aller Geschichte vorausgeht: gleichsam, um einen göthe'schen 
Ausdruck zu brauchen, das Urphänomen des Menschen. Hatte 
man im Anfange der neuen Philosophie nach der ersten Bcwe- 
gungsursache der Natur gefragt, so fragt man jetzt im Ausgange 
dieser Periode nach der ersten Bewegungsursache der Geschichte. 
Dahin drängen als auf ihren Endpunkt alle jene Originali 
tätsfragen, die das Zeitalter beschäftigen, alle jene Untersuchun 
gen über den Ursprung der Religion, der Kunst, der Poesie, der 
Sprache, des Staats u. s. f., denen allen das gemeinsame Inter 
esse für das ursprünglich und eigenthümlich Menschliche, mit 
einem Worte für das Originale, zu Grunde liegt. Sie fassen 
sich alle in der letzten Frage zusammen: was ist der ursprüngliche 
Mensch? Worin besteht das Urmenschliche, das noch nicht durch
	        
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