Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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kommt und mit ihm selbst Eines ausmacht. Diese Nothwen 
digkeit beweist Lessing aus dem Begriffe Gottes, wie ihn die 
leibnizische Philosophie festgestellt hat. Gott ist das vollkommenste 
Wesen und als solches zugleich die vollkommenste Vorstellung. 
Wäre er diese, wenn er nicht sich selbst vorstellte? Würde er 
sich selbst vorstellen, wenn in der Vorstellung, die er von sich 
hat, etwas fehlte von dem Wesen, welches er ist? Dann 
würde er nicht sich selbst, sondern nur einen Schatten von sich 
vorstellen, dann wäre seine Vorstellung, also auch sein Wesen, 
nicht das vollkommenste, also er selbst nicht Gott. Wenn er es 
ist, so muß seine Vorstellung eben so vollkommen, als er selbst 
sein, so muß Gott, indem er sich vorstellt, „sich verdoppeln", 
ohne sich zu entzweien. Und darauf beruht die göttliche Dreieinig 
keit. Gott denkt sich selbst, d. h. er denkt das vollkommenste We 
sen und damit zugleich die Reihe der unvollkommenen Wesen. 
Oder, wie sich Lessing ausdrückt, Gott denkt seine Vollkommen 
heit absolut und getheilt: er denkt sie absolut in einem Wesen, 
welches eben so vollkommen als er selbst ist; er denkt sie getheilt 
in einem Stufenreiche werdender Vollkommenheit. Jeder gött 
liche Gedanke ist eine Schöpfung. Also schafft Gott ein ihm 
gleiches Wesen, d. h. er zeugt den Sohn, und ein Stufenreich 
werdender Vollkommenheit, d. h. er schafft eine Welt. Er 
schafft diese Welt auf die vollkommenste Art, d. h. er schafft die 
vollkommenste oder beste Welt. Diese beste Welt besteht in einer 
unendlichen Reihe von Wesen, die eine continuirliche Stufen 
ordnung bilden und von Stufe zu Stufe zu immer höherer Gott 
ähnlichkeit emporstreben. Die Vernunft kann nicht anders, als 
Gott in einer solchen Trinität, die Welt in einer solchen Stufen 
ordnung denken. Diese Begriffe sind mit dem Geiste des Christen 
thums einverstanden, wenn sie sich auch nicht in seinem Buch-
	        
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