Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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men, während sie von Leibniz friedlich neben einander und von 
Reimarus feindlich gegen einander gesetzt wurden. Lessing löst 
seine Aufgabe zuerst an dem Beispiele der christlichen Religion, 
welches ihm das nächste war, und richtet dann seinen Gesichts 
punkt auf alle geschichtlichen Religionen. Ist das geschichtliche 
Christenthum im Einklänge mit der Vernunft, so wird sich das 
selbe von jeder Offenbarung, von jeder positiven Religion nach 
weisen lassen. Das geschichtliche Christenthum erscheint vernunft 
gemäß, wenn seine Grundbegriffe als Vernunstlehren können dar 
gestellt werden. Diese Begriffe sind das Dogma der Trinität 
und die Vorstellung vom ewigen Leben. Die lessing'sche Frage 
heißt: sind diese Begriffe vernunftgemäß? 
Ein ewiges Leben setzt voraus, daß der menschliche Geist 
fortdauert, sich persönlich fortentwickelt und einer höhern Leiblich 
keit theilhaftig werden kann. Diese Möglichkeit sucht Lessing in 
einem fragmentarischen Aufsatze aus den Principien der leibnizi- 
schen Philosophie zu beweisen. In dem continuirlichen Stufen 
gange der Dinge müssen sich die Vorstellungskräfte immer mehr 
erweitern und verdeutlichen, sie streben auch im Menschen nach 
einem größern und Hellern Gesichtskreise, und diesen zu erreichen, 
die Elemente der Welt alle klar und deutlich zu erkennen, muß 
der höher entwickelte Mensch mehr und schärfere Organe haben 
können, als welche ihm jetzt in den fünf Sinnen gegeben sind*). 
Die Trinität erklärt, daß Gott nicht der abstract Eine ist, 
sondern von Ewigkeit her ein Wesen zeugt, welches ihm gleich- 
*) Daß mehr als fünf Sinne für den Menschen sein 
können. Leff. lit. Nachl. Bd. XI. S. 458flgd. Die Schlußsätze, 
welche eine Metempchchose anzunehmen scheinen, sind nicht in Ueber 
einstimmung mit Leibniz, aber auch nicht aus den Grundsätzen bewiesen, 
denen Lessing in seinem Fragmente folgt.
	        
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