Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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weitem und wirklich fortschreiten kann: daß sie mit dem vorur- 
theilsfreien, folgerichtigen, klaren Denken den Sinn für die Ei 
genthümlichkeit der Dinge, also auch für die fremde Eigenthüm 
lichkeit vereinigt, daß sie den logischen Verstand in den con- 
genialen verwandelt, der sich die fremde Vorstellungsweise erst 
aneignet, bevor er sie erklärt und beurtheilt. Dieser Verstand 
begreift, daß jede Erscheinung ihre eigenthümliche Natur, Kraft 
und Aeußerung hat, daß sie mit ihrem, nicht mit fremdem Maße 
gemessen, in ihrem eigenen Geiste beurtheilt und dargestellt 
sein will: so jedes Zeitalter, jede Religion, jedes Kunstwerk. 
Er nimmt die Dinge wieder, wie sie Leibniz genommen hatte: 
als Monaden, Mikrokosmen, Stufen einer großen Entwicklungs 
reihe, Glieder eines harmonischen Ganzen. Und so kommt hier 
in der Betrachtungsweise des congenialen Verstandes unwillkür 
lich der esoterische Geist der leibnizischen Philosophie zu seiner Ent 
wicklung und Ausbildung, wie der exoterische aus der ersten Stufe 
der Verstandesaufklarung geherrscht hatte. Natürlich ist es jetzt 
nicht mehr der metaphysische Begriff der Monade und Entwick 
lung, die bloß wiederholt werden, sondern es ist deren Anwen 
dung auf die lebendigen Thatsachen und näher auf die geschicht 
lichen , wodurch sich der Geist der Aufklärung erweitert und von 
der Befangenheit seines frühern Standpunktes befreit. Es heißt 
nicht mehr, die Dinge sollen als Monaden, sollen als Stufen 
in der Entwicklung des Ganzen betrachtet werden, sondern sie 
werden wirklich so betrachtet. Kunst, Religion, Staat, die 
Geschichte überhaupt werden jetzt unter dem Gesichtspunkt der 
Entwicklung angesehen und beurtheilt: jede Erscheinung wird an 
ihren richtigen Ort gestellt, den sie in der natürlichen und ge 
schichtlichen Weltordnung einnimmt, und was früher, losgerissen 
von seinem Zusammenhang und heimathlichen Boden, ungereimt
	        
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