Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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welche er umständlich festsetzte. Eine Offenbarung, welche diese 
Kriterien nicht hatte, erschien ihm falsch und unbegründet. Da 
mit war der Anfang zu einer ernstlichen Kritik des Glaubens ge 
macht, die bei einer unsichern Grenzbestimmung nicht konnte ste 
hen bleiben. Auch waren die „Kennzeichen", unter denen Wolf 
das Wunder und die unmittelbare Offenbarung Gottes gelten 
ließ, so gestellt, daß im Grunde beide nur noch dem Namen nach 
für möglich, dem Wesen und der Sache nach für unmöglich er 
klärt wurden *). Eine Offenbarung nämlich sollte nur dann statt 
finden können, wenn Etwas zu wissen dem Menschen absolut 
nöthig wäre, was er aus eigener Vernunft niemals zu begreifen 
vermöge. Aber auch in diesem Fall darf das Wunder nur dann 
geschehen, wenn es nach Naturgesetzen unmöglich stattfinden kann. 
Gesetzt nun, daß diese beiden Bedingungen gegeben sind, so wird 
das Wunder und die Offenbarung Gottes erst dann wahr sein, 
wenn Nichts darin geschieht, was der göttlichen Vollkommenheit 
und Weisheit widerspricht. Eben so wenig aber darf es der 
menschlichen Vernunft und den nothwendigen Wahrheiten dersel 
ben widersprechen. Und da überhaupt zwischen Wahrheiten kein 
Widerspruch stattfinden darf, so ist jede göttliche Offenbarung 
falsch, welche den Menschen zu irgend einer Handlung verpflich 
tet, welche mit dem Gesetz der Natur und dem Wesen der Seele 
streitet. Endlich, wenn alle diese natürlichen und moralischen 
Bedingungen erfüllt sind, so muß die göttliche Offenbarung so 
geschehen, daß sie keine überflüssige Kraft braucht, daß sie Alles 
mit natürlichen Kräften verrichtet, was durch diese geleistet wer 
den kann. Geschieht sie, wie es gewöhnlich der Fall ist, durch 
Worte, „so müssen nicht mehr Worte gebraucht werden, als zur 
*) Ebendaselbst. §. 1011 — 1020.
	        
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