Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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Kant im Principe ergreift: die leibnizische Philosophie steigt von 
der Natur zum Menschen empor, während die kantische vom 
Menschen zur Natur herabsteigt. Leibniz geht über den Horizont 
des menschlichen Geistes hinaus und behauptet eine Erkenntniß vom 
Wesen der Dinge (von Gott, Welt und Seele), die er nach seinen 
eigenen Begriffen verneinen mußte, die er auch nur in Anti 
nomien und Widersprüchen aufrecht halten oder vielmehr schwan 
ken lassen konnte. Kant macht an jener Grenze halt: er ent 
deckt in der Erkenntniß der Dinge an sich (Gott, Welt und Seele) 
jene Antinomien und Widersprüche, welche die leibnizische Philoso 
phie unwillkürlich ausprägte, ohne sich derselben deutlich bewußt zu 
sein; er vernichtet jene Gebäude der rationalen Psychologie, Kos 
mologie, Theologie, welche Leibniz begründet und Wolf ausge 
führt hatte. Kant zeigt, was die Erkenntniß ist, unter welchen 
Bedingungen sie stattfindet, bis zu welcher Grenze sie reicht. 
Er zeigt, daß und warum eine Erkenntniß der Erscheinungen, 
eine Metaphysik der Natur und der Sitten möglich ist; daß und 
warum es keine Erkenntniß vom Wesen der Dinge, keine Meta 
physik des Uebersinnlichen giebt. Jenen positiven Beweis führt 
die Kritik der reinen Vernunft in ihrer Analytik, diesen-negati 
ven in ihrer Dialektik, und so begründet sie den neuen Stand 
punkt der Philosophie, der den dogmatischen übersteigt, der das 
folgende Zeitalter bis zu diesem Augenblicke beherrscht, und den 
wir hier nur als geschichtliche Grenzbestimmung andeuten, aber 
nicht weiter verfolgen dürfen.
	        
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