Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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7. Widerspruch im Begriff der Monade (Seele.) 
Theologie und Kosmologie widerstreiten dem Begriff der 
Monade: es widerstreitet diesem Begriff, daß Gott schrankenlos 
sein soll; es widerstreitet ihm eben so sehr, daß die Welt als be 
schränkt und zufällig gedacht wird. Und hier entdeckt sich ganz 
klar der Widerspruch, worin der Begriff der Monade selbst sich 
befindet. Die Monade will nicht schrankenlos sein, denn sie ist 
ihrem Wesen nach Individualität; sie will nicht beschränkt und 
zufällig sein, denn sie ist ihrem Wesen nach Substanz. Und 
doch, weil ihr Wesen auf eine Steigerung der Kraft, auf eine 
Stufenordnung der Dinge angelegt ist, muß sie die endliche Be 
freiung von der Schranke suchen und eine höchste,, schrankenlose 
Substanz als letztes Ziel fordern. Auf der andern Seite ist jede 
Monade nothwendig beschränkt. Sie hat von Natur einen ge 
wissen Spielraum der Kraft, innerhalb dessen sie sich bewegt, 
eine bestimmte Anlage, die sie entwickelt. Nicht sie selbst macht 
ihre Schranke, sondern jede Monade findet sich ursprünglich be 
schränkt; darum liegt der Grund ihres beschränkten Daseins, der 
Ursprung ihrer Individualität nicht in, sondern außer ihr, sie 
ist das Geschöpf eines andern Wesens; in dieser Rücksicht gilt 
ihr Dasein für abhängig und zufällig. Als ursprüngliche, selbst 
thätige Kraft ist die Monade Substanz. Als beschränkte, von 
Außen begründete Kraft ist sie Creatur. Diese beiden entgegen 
gesetzten Bestimmungen der Substantialität und Creatürlichkeit 
sind in dem leibnizischen Begriffe der Monade verknüpft, ohne 
versöhnt zu sein: hier ist der in der Grundlage der ganzen Lehre 
enthaltene Widerspruch, der sich in den Spitzen des Systems, in 
den Begriffen von Gott und Welt, offen darlegt. Wenn Leibniz 
die so oft wiederholte Erklärung giebt, daß die Monaden 
Bischer, Geschichte der Philosophie II. — 2. Auflage. 47
	        
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