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wie es den Schein hat, als ein Gegensatz gegen die Aufklärung,
sondern als deren letzte auflösende Bildungsstufe zu betrachten,
deren Richtung durch Leibniz selbst der Aufklärung eingeboren
war. Diese Gefühlsphilosophen und Geniedenker sind nichts an
deres als die Stürmer und Dränger in der Philosophie, wie es
die Göthe und Schiller in der Poesie waren; so sehr sie mit der
Verstandesaufklärung, mit Leuten wie Mendelssohn und Nicolai
im Streit sind, so verwandt sind und fühlen sie sich mit Leibniz.
Dies zeigt sich sehr deutlich in Herder, der mit Jacobi und Ha
mann geistesverwandt und zugleich ein enthusiastischer Bewunderer
und Nacheiserer unseres Leibniz war.
Dies ist der innere Widerspruch im Grunde der leibnizischcn
Philosophie. Aus dem Wesen oder der Natur der Monade folgt
niemals der deutliche Begriff dieses Wesens, die deutliche Er
kenntniß dieser Natur. Wäre die leibnizische Philo
sophie objectiv wahr, so wäre sie subjectiv unmög
lich. Leibniz selbst urtheilt von der Erkenntniß in doppelter Weise.
Auf der einen Seite behauptet er die klare und deutliche Erkennt
niß der Dinge; auf der andern bekennt er, daß im Menschen die
Erkenntniß des Ganzen, die Vorstellung des Universums immer
dunkel und unklar bleibe. Ist aber die menschliche Erkenntniß
im Ganzen dunkel, so kann sie auch im Einzelnen nicht deutlich
sein; es giebt dann in der Welt überhaupt keine klare und deut
liche Erkenntniß.
5. Streit zwischen der klaren und dunklen
Erkenntniß.
Aus diesem Widerspruch, welchen die leibnizische Philosophie
einführt und die Aufklärung fortsetzt, begreift sich leicht, wie in
der weitern Entwicklung jene beiden Erkenntnißweisen, die klare