Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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eristirt das Uebel, der Schmerz, das Unglück. Unter dem Ge 
sichtspunkte der Schöpfung erscheint die wirkliche Welt als die 
beste; als Natur betrachtet, ist sie erfüllt mit einem Heere von 
Uebeln. In der Schöpfung ist Alles vorherbestimmt; in der Na 
tur wirken alle Kräfte nach innerer Gesetzmäßigkeit oder mit na 
türlicher Freiheit. Wenn aber in der That Alles von Gott vor 
herbestimmt ist, so zu sein und so zu handeln, dann giebt es in 
Wahrheit gar keine eigene Gesetzmäßigkeit der Dinge. Wo bleibt, 
muß man fragen, die menschliche Freiheit? Wenn Alles vorher 
bestimmt ist, so ist auch das Uebel in der Welt vorherbestimmt. 
Wo bleibt die beste Welt? Und wenn sie verneint werden muß, 
wo bleibt die göttliche Güte? Entweder wollte Gott das Uebel, 
so war er nicht gut, oder er wollte das Uebel nicht und mußte 
es dennoch schaffen, so war sein Wille schwächer als seine Macht 
und diese gleich einer blinden Nothwendigkeit; oder endlich, er 
hat das Uebel selbst nicht geschaffen, sondern nur nicht verhindert, 
daß es existire; so müssen wir fragen: wollte Gott die Existenz 
des Uebels nicht verhindern, oder konnte er es nicht? Dieses 
N i ch t w o l l e n wäre ein Beweis gegen seine Güte, dieses Nicht- 
können wäre ein Beweis gegen seine Allmacht. Ist das Uebel 
vorherbestimmt, so gilt dasselbe auch vom Bösen, so sind mit 
den bösen Handlungen auch die guten vorherbestimmt, und sie 
erfolgen beide mit derselben Nothwendigkeit. Wo bleibt dann der 
Unterschied zwischen dem Guten und Bösen? Wie kann das 
Böse strafwürdig sein, wenn es nothwendig ist? Und wenn es 
dennoch gestraft wird, wo bleibt die göttliche Gerechtigkeit? Wie 
kann Gott die menschliche Handlung bestrafen, die er doch selbst 
vorherbestimmt und darum selbst bewirkt hat? Eine solche Strafe 
ist nicht gerecht, sondern grausam. Und auf der andern Seite, 
wo bleibt die göttliche Gerechtigkeit, wenn das Böse nicht ge
	        
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