Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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in diesem Sinne gilt die Präformation der Natur als die 
Prädestination Gottes. Der Begriff der Prädestination will 
erklären: daß der letzte Grund aller Dinge und ihrer Prä 
formation nicht Natur, sondern Geist, Wille, d. h. einmora- 
lisches Princip sei. Die Welt und jedes einzelne ihrer Wesen 
entwickelt sich aus eigenen Kräften, aber diese Kräfte selbst 
sind geschaffen oder von Gott auserwählt zu existiren. Wie also 
verhält sich die Schöpfung zur natürlichen Entwicklung, die 
Prädestination zur Präformation? Die Entwicklung folgt aus 
dem Dasein der Kräfte; das Dasein der Kräfte folgt aus der 
Schöpfung. So lange die Kräfte nicht vernichtet werden, han 
deln sie nach ihrer innern Gesetzmäßigkeit, dauert also die durch 
ihre Anlage oder Präformation begründete Entwicklung. Die Welt 
entwicklung besteht mithin in der Welterhaltung oder in dem 
fortdauernden Dasein der Kräfte, welche den Inbegriff der Welt 
ausmachen. Ist nun das Dasein dieser Kräfte eine göttliche Schö 
pfung, so muß ihr fortdauerndes Dasein als eine fortdauernde 
Schöpfung angesehen werden. Und da auf dem Wege der 
Natur niemals eine Kraft vernichtet werden kann, so darf die 
fortdauernde Schöpfung für eine ewige Schöpfung gelten. 
Zn diesem Begriffe der Welterhaltung, die einer ewigen Schö 
pfung gleichkommt, besteht die Uebereinstimmung zwischen Gott 
und Welt, Schöpfung und Entwicklung. Die natürliche Ent 
wicklung erscheint unter dem theologischen Gesichtspunkt als gött 
liche Welterhaltung oder fortdauernde Schöpfung. Und so will 
Leibniz die Schwierigkeiten lösen, welche Bayle dem System der 
prästabilirten Harmonie entgegensetzte. „Siebemerken," schreibt 
er dem Skeptiker, „daß die kritischen Köpfe nicht begreifen kön 
nen, wie die Seele, wenn sie eine erschaffene Substanz ist, noch 
eine autonome, innere Kraft der Selbstthätigkeit haben könne;
	        
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