Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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loser und mannigfaltigster Thätigkeit zu vereinigen, so konnte er 
dabei nur wenig vollenden. Das ist die Schattenseite namentlich 
seiner philosophischen Arbeiten. Zwei Menschenalter sind nicht 
im Stande gewesen, den umfassenden und reichen Inhalt in die 
durchgeführte Form des Systems zu bringen. So bleibt die Form 
des Systems Fragment, Skizze, Entwurf, und diese Entwürfe 
zerstreuen sich bald in Aufsätzen, bald in Briefen. Nur wenige 
Theile sind gründlicher ausgeführt, und auch diese Ausführung 
giebt die Gelegenheit mehr, als die Absicht. Jetzt will er eine 
entgegenstehende Meinung widerlegen, jetzt einen Andern belehren 
oder eingeworfene Zweifel beseitigen. Oft geben Gespräche den 
Antrieb für eine philosophische Schrift, und die Gesprächsform 
selbst in der leichtesten, ungezwungensten Form überträgt sich bis 
weilen auf die schriftliche Verfassung seiner philosophischen Ge 
danken. Es ist erstaunlich, mit welcher Leichtigkeit, mit wel 
chem geringen Aufwande von Kunst und Mühe Lcibniz seine tief 
sinnigsten Ideen entwirft; oft scheint es, als ob er sie erzähle wie 
ein Erlebniß. Fast alle seine philosophischen Werke sind, wie 
die göthe'schen Poesien, eine Art Gelegenheitsschriften. Bei Ge 
legenheit von Locke's Versuch über den menschlichen Verstand 
macht Leibniz seine Gegenbemerkungen, und daraus entstehen die 
berühmten „Neuen Versuchc", das Hauptwerk seiner Philoso 
phie. Die Königin von Preußen unterredet sich mit ihm über 
Bayle's Zweifel in Betreff der Uebereinstimmung zwischen Glaube 
und Vernunft: bei dieser Gelegenheit entsteht die „Theodicee." 
Der Prinz Eugen von Savoyen wünscht von Leibniz die Grund 
sätze kennen zu lernen, auf denen die Theodicee beruht: bei dieser 
Gelegenheit entwirft er die „ M o n a d o l o g i e." Neben diesen Ent 
würfen, welche bestimmt sind, das philosophische Vermögen ei 
nes Jahrhunderts zu werden, beschäftigen ihn tausend andere
	        
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