Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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der Schöpfer (Künstler) zu seinem Werke; zu der körperlichen 
Welt (den Dingen) wie der Ingenieur (Erfinder, Architekt) zu 
den Maschinen; zu der moralischen Welt (den Geistern) wie der 
Fürst zu seinen Unterthanen, wie der Bater zu seinen Kindern*). 
Die ganze Natur ist sein Haus, die ganze moralische Welt ist 
seine Familie. Wie das gesammte Universum, so ist auch die 
moralische Welt von Gott zur Schöpfung gewählt, nicht durch 
einen grundlosen, sondern durch einen der Weisheit conformen 
Willen, der das Wesen der Gerechtigkeit selbst ist. Die geschaf 
fenen Geister sind durch die Liebe Gottes zur Liebe Gottes er 
wählt: sie sind bestimmt, ihn zu lieben und von ihm geliebt zu 
werden. In dem Geisterreiche ist Gott wahrhaft und vorzüglich 
einheimisch, denn das gemeinsame und höchste Gefühl, welches 
alle Geister verbindet, ist die natürliche Religion, worin Gott 
vorgestellt, gewußt und erstrebt wird. Weil so die Geister die 
Erwählten und gleichsam die Bevorzugten Gottes sind, darum un 
terscheidet Leibniz die moralische Welt, als das „Reich der Gnade", 
von dem übrigen Universum, als dem „Reiche der Natur". Ohne 
Geister wäre die Welt eine bloße Maschine und Gott ein bloßer 
Werkmeister; die Geister sind die lebendigen Spiegel der Gott 
heit: so wird erst in den Geistern die Welt eine wirkliche Offen 
barung des göttlichen Wesens. Die Offenbarung Gottes aber 
bildet den großen Endzweck der Schöpfung. Erreicht wird dieser 
Zweck in den Geistern. Eine Welt, und zwar eine geistige, zu 
schaffen, dazu wird Gott getrieben durch ein inneres Bedürf 
niß, durch eine moralische Nothwendigkeit, durch den Dffenba- 
rungsdrang seiner Gottheit. Das ist im Geiste des reinen Deis 
mus die Schöpfungsidee, wie sie Schiller in seinen philosophischen 
*) Syst. nouv. Nr. 5. Op. phil. pg. 125.
	        
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