Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

678 
eine beschränkte, körperliche, individuelle Substanz. Mit der 
Menschwerdung Gottes fällt natürlich auch das Dogma der Tri 
nität , welches sich darauf gründet; mit diesem höchsten Wun 
der werden die Wunder überhaupt für nichtig erklärt. Nicht als 
Wunderthäter, sondern als Gesetzgeber der Welt offenbart sich 
der Gott des Deismus: nicht in der Aufhebung, sondern in dem 
ewig gleichmäßigen Gange der Naturgesetze. 
Die Religion des Deismus ist der reine Monotheismus, der 
die natürlichen Individuen nie vergöttert, noch weniger seinen 
Gott jemals verkörpert. Darum hat und fühlt der Deismus eine 
größere Verwandtschaft zu dem idealen Judenthum und zu dem 
idealen Muhamedanismus, als zur heidnischen Mythologie und 
zum Christenthum. Und daraus erklärt sich die Vorliebe, wo 
mit die deutsche Aufklärung das Judenthum und den Islam be 
handelte, womit noch Lcssing seinen Nathan und Saladin in 
nächster Verwandtschaft mit der natürlichen Religion darstellte, 
um so viel reifer und weiser als den Templer, um so viel besser 
und sittlicher als den Patriarchen sein ließ. 
2. Wcltordnung und Wunder. 
Nur in einem Punkte stimmt der Deismus anders als jene 
monotheistischen Religionen. An die Stelle der unbeschränkten 
Willkür in Gott setzt er die moralische Nothwendigkeit, was so 
viel sagen will, als eine ewig begründete, nach göttlicher Gerech 
tigkeit geregelte Weltordnung. Einmal geschaffen, bewegt und 
entwickelt sich die Welt nach den ihr eingebornen Gesetzen, und 
die Weltschöpfung besteht von da an lediglich in der Welterhaltung, 
die als eine fortgesetzte, ununterbrochene Schöpfung (Citation 
continuelle) betrachtet werden kann. Aus diesem Grunde ver 
neint der Deismus jedes übernatürliche Eingreifen Gottes in den
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.