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die Trennung zwischen Gott und Welt, die Einschränkung der
rationalen Erkenntniß, das Geltenlaffen eines Irrationalen. An
ders aber erscheint die Offenbarungsweise des überweltlichen Got
tes im reinen Deismus, anders in den theistischen Vorstellungen
der positiven Religionen. Und dieser Unterschied ist so mächtig
und durchgreifend, daß sich hier der reine Deismus den positiven
Religionen, vor allem der christlichen, feindlicher entgegensetzt,
als selbst der weniger entwickelte Pantheismus nöthig hat. Nach
den Begriffen nämlich des reinen Deismus offenbart sich der
überweltliche (übernatürliche) Gott im Universum, niemals aus
schließlich in einem einzelnen Wesen. Es ist nach deistischen Be
griffen unmöglich, daß jemals das vollkommenste Wesen beschränkt
und unvollkommen, jemals ein beschränktes und unvollkommenes
Wesen dem vollkommensten gleich wird. Der Mensch kann nie
Gott, Gott kann nie Mensch werden; die Apotheose ist ebenso
unmöglich als die Jncarnation. Setzen wir nun, daß die Ver
götterung natürlicher Individuen das Wesen der heidnischen My
thologie, die Menschwerdung Gottes den Mittelpunkt der christ
lichen Offenbarung ausmacht: so leuchtet ein, daß der Deismus
dem Heidenthum wie dem Christenthum, der Mythologie wie
dem höchsten Offenbarungsglauben gerade im Wesen der Sache
auf das Aeußerste widerstreitet. Die Menschwerdung Gottes,
hatte Spinoza erklärt, erscheine ihm wie die Quadratur des
Kreises. Gott wird Mensch heißt in diesem Verstände: die Sub
stanz wird Modus, was ebenso unmöglich erscheint, als wenn
ein Kreis die Natur des Quadrates annehmen wollte. Aehnlich
muß der reine Deismus urtheilen. Gott wird Mensch heißt in
seinem Verstände: die höchste Monade wird eine niedere, das
vollkommene Wesen ein unvollkommenes; Gott, seinem Wesen
nach schrankenlos, immateriell und darum kein Individuum, wird