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überall auf den eigenen Gewinn bedacht ist und die fremden
Mängel darüber fast vergißt, verkleinert sich im praktischen Leben
hie und da zu einem persönlichem Interesse, welches bisweilen
einem kleinen Eigennutze gleichkommt. Er liebt die Gunst der
Großen und empfindet es schmerzlich, wenn er sie einbüßt. Dies
begreift sich leicht aus der Gewohnheit seines Lebens, welches
frühzeitig diese Gunst gewann und fast immer von den Launen
derselben abhängig blieb. Sein Ehrgeiz bewirbt sich um Stellen,
die seiner Person mehr äußern Glanz gewähren, als sie seinem
Geiste angemessen sind. Man sagt ihm nach, daß er den Schmei
cheleien zugänglich gewesen sei und den persönlichen Widerspruch
schwer vertragen konnte. So unregelmäßig sind die großen
Charaktere und doch so folgerichtig! Mit einer Milde und Tole
ranz in wichtigen Dingen, die an Hoheit gränzt, verbindet sich
in Leibniz ein gewisser reizbarer Eigensinn und eine leicht zu be
rührende Empfindlichkeit. Es ist dasselbe ausgeprägte Selbst
gefühl, das sich dort in seiner Ueberlegenheit und Kraft, hier in
seiner natürlichen Schwäche offenbart. Aus derselben Quelle
fließt die schonende Nachsicht mit den Fehlern Anderer und das
lebhafte, reizbare Gefühl für die kleinen Verletzungen. Er suchte
die materiellen Vortheile, die fürstlichen Pensionen vielleicht mehr,
als er nöthig hatte; doch muß man hinzufügen, daß er aus die
sen Quellen allein seinen Lebensunterhalt schöpfte. Denn er
hatte wenig und gewann mit seinen wissenschaftlichen Arbeiten
Nichts.
6. Zerstreute und vielgeschäftige Thätigkeit.
Und diese Arbeiten, insbesondere sein philosophisches Lehr
gebäude, mußten natürlich unter der Vielgeschäftigkeit seines Le
bens leiden. Wußte er mit seinem Universalgenie Alles in rast