Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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und aus dessen ewiger Macht und Weisheit abgeleitet. Die 
Physik erhebt sich damit zur Theologie, und mit dieser so begrün 
deten physikotheologischen Betrachtungsweise vollendet sich die leib- 
nizische Philosophie, in deren ersten Ausgangspunkten schon die phy- 
sikotheologische Richtung deutlich angelegt war. Als Leibniz im 
Jahre 1687 Bayle sein Princip der Continuität und der unendlich 
kleinen Differenzen brieflich auseinandersetzte, erklärte er sich über 
die Geltung der Zwecke in der Natur. „Die wahre Physik muß 
aus der Quelle der göttlichen Vollkommenheiten geschöpft werden. 
Gott ist die letzte Ursache der Dinge, und die Erkenntniß Gottes 
ist nicht weniger das Princip der Wissenschaften, als sein Wesen 
und Wille das Princip alles Daseins. Die Philosophie wird 
geheiligt, wenn man ihre Bäche aus der Quelle göttlicher Kräfte 
herleitet. Statt die Endursachen und die Betrachtung einer wei 
sen Macht von der Naturlehre auszuschließen, muß man viel 
mehr Alles in der Natur daraus erklären. Ich gebe zu, daß im 
Einzelnen die Wirkungen der Natur mechanisch erklärt werden 
können und müssen, ohne darüber ihre Zwecke und ihren Nutzen 
zu vergessen, aber die allgemeinen Principien der Physik wie der 
Mechanik sind von der Leitung einer höchsten Einsicht abhängig 
und können ohne diese nicht erklärt werden. Und auf diese Weise 
muß man die Religion mit der Vernunft versöhnen*)." 
Aus diesem Gesichtspunkte der Physikotheologie löst sich zu 
gleich die früher berührte Frage nach der wachsenden oder gleich 
mäßigen Vollkommenheit der Welt. Bekanntlich erörterte Leib 
niz diese Frage in einem Briefe an Bourguct, und Lessing wollte 
im Geiste der leibnizischen Philosophie die gleichmäßige Vollkom 
*) Extrait cl’une lettre ä Mr. Bayle sur un principe ge'ne'- 
ral, utile ä l’explication des loix de la nature. Op. phü. 
pg. 106.
	        
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