Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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6. Natürliche und moralische Nothwendigkeit. 
Die leibnizische Philosophie unterscheidet genau diese drei 
Arten der Nothwendigkeit: die metaphysische (logische, geometri 
sche), die physikalische und moralische. Alles, was ist, muß be 
gründet und darum nothwendig sein, aber die Nothwendigkeiten der 
Dinge gelten in verschiedenem Sinne, und die scharfe Unterscheidung 
derselben bildet das erste Erforderniß einer richtigen Einsicht. 
Wer den Begriff der Nothwendigkeit nicht kennt oder verneint, 
steht außerhalb aller Erkenntniß; wer alle Nothwendigkeit nur in 
einem Sinne versteht, der wird die Wahrheit der Dinge ver 
kennen und Gefahr laufen, auf ein übertriebenes und darum falsches 
Princip ein übertriebenes und darum falsches System zu gründen. 
So gilt die Nothwendigkeit bei den Spinozisten nur im metaphy 
sischen (geometrischen) Verstände, bei den Materialisten nur im 
physikalischen. Die metaphysische Nothwendigkeit, wie die logische 
und geometrische, gilt unbedingt, denn ihr Princip ist die Kraft, 
die nicht anders kann als so wirken; der Verstand, der nicht anders 
kann als so denken. Die moralische Nothwendigkeit gilt bedingt 
oder hypothetisch, denn ihr Princip ist der Wille, der von vielen 
Möglichkeiten eine bestimmte ergreift und ausführt. Ebenso gilt 
die natürliche Nothwendigkeit hypothetisch, denn ihr Princip ist 
die Kraft, die unter diesen Bedingungen so, unter andern an 
ders handelt. Nothwendig im metaphysischen Verstände sind die 
ewigen Wahrheiten, im physikalischen die zufälligen Wahrheiten 
oder die natürlichen Thatsachen, im moralischen die Willenshand 
lungen, die durch die Wahl des Besten bestimmt werden oder nach 
dem Principe der Zweckmäßigkeit (principe de la convenance) 
verfahren. Die metaphysische Nothwendigkeit beherrscht den Ver 
stand, die physikalische die Natur, die moralische bestimmt den 
Willen. Der logische Verstand denkt nach dem Gesetze der Iden
	        
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