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aus," sagt Leibniz, „daß Gott oder das vollkommenste Wesen
möglich sei. Wäre dieser Punkt auch bewiesen, wie es sich ge
hört, so könnte man sagen, daß die Existenz Gottes mit geo
metrischer Sicherheit a priori bewiesen sei*)."
2. Die kosmologische (physikotheologischc).
Die Möglichkeit des vollkommenen Wesens ist bewiesen, so
bald man die Nothwendigkeit desselben darthut. Diese Nothwen
digkeit soll aus der kosmologischen Beweisart erhellen. Der on
tologische Beweis erklärt nur: wenn das vollkommene Wesen ge
dacht werden kann, so muß es als existirend gedacht werden.
Der kosmologische zeigt, daß es gedacht werden muß. Um näm
lich das Dasein der Dinge zu erklären, ist es schlechthin noth
wendig, daß wir die Existenz Gottes denken. Das Dasein der
Dinge kann nur durch den Begriff der Causalität erklärt werden.
Jedes Ding muß seinen zureichenden Grund haben; keines ist
durch sich selbst begründet: also muß es ein Wesen als Urheber
oder Ursache aller Dinge geben, welches nicht von einem andern
abhängt, also durch sich selbst begründet ist. Dieses Wesen, weil
es den Grund seines Daseins in sich selbst hat, existirt nicht mit
relativer, sondern mit absoluter Nothwendigkeit. Dies ist die
allgemeine Formel, innerhalb deren sich der Gedankengang des
kosmologischen Beweises bewegt. Den Obersatz bildet das Da
sein der Dinge, den Untersatz das Axiom des zureichenden Grun
des, den Schlußsatz das Dasein Gottes. Je nachdem der Ober
satz, die Thatsache der Welt, näher bestimmt wird, specisicirt sich
auch der kosmologische Beweis und bestimmt sich demnach näher
die Existenz Gottes. Nimmt man die Welt als die Summe
*) De la demonstration cartesienne de l’existence de Dieu
du P. Lami. Op. phil. pg. 177.