Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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verderben und daß in der Sectenpolitik stets aus der Verläum- 
dung und Unredlichkeit eine Tugend gemacht wird. Das gilt 
vvn den öffentlichen Parteien jeglicher Richtung so gut als von 
der letzten literarischen Kameradschaft. Die Abneigung gegen 
diesen starren, unfruchtbaren, unsittlichen Geist, welchen der 
Sectenzwang unvermeidlich mit sich führt, liegt in dem Selbst 
gefühle ächter Aufklärung begründet und äußert sich in Leib 
niz eben so lebhaft als in Lessing. Sie bildet gleichsam eine Fa 
milienähnlichkeit in diesen beiden größten Charakteren unserer Auf 
klärung. Und wenn in dem Leben Beider ein tragisches Motiv 
gesucht werden darf, so ist es eben der Gegensatz ihres Uni 
versalgeistes gegen die Herrschaft der Secten, wo 
sie sich immer geltend macht; so ist es dieser Conflict, den Lcib- 
niz mit aller Milde und klugen Vorsicht nicht vermeiden konnte, 
den Lessing muthigcr durchgekämpft hat, und den Beide bitter 
genug empfinden mußten. Am Ende ihres den größten Aufgaben 
gewidmeten Lebens standen sie einsam und fast verlassen, weil sie 
dem Sectengeiste verdächtig waren. Bei den Protestanten galt 
Leibniz bald für einen Convertiten des Katholicismus, bald für 
einen Freund der Jesuiten; und die Jesuiten, weil ihnen die oft 
versuchte Bekehrung nicht gelang, nannten ihn einen „Jndifferen- 
tisten". Zuletzt kamen sie Beide überein, daß Leibniz ein Un 
gläubiger sei, und wie man erzählt, so wurde auf einer lutheri 
schen Kanzel der Name Leibniz in das plattdeutsche „Lövenir" 
verwandelt, welches so viel als „Glaubt Nichts" sagen will. 
Noch im Tode verfolgte ihn der erboste Sectengeist. Er hatte 
während seines Lebens zu wenig Beweise kirchlicher Frömmigkeit 
gegeben, darum versagte man dem Todten die gewöhnlichen Zeichen 
der Theilnahme und die letzten religiösen Gebräuche. Er wurde ohne 
Ehrenbezeugungen begraben; kein Geistlicher folgte dem Sarge.
	        
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