Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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ein gewisser Willensgrad, mit der ästhetischen also ein gewisser 
künstlerischer Willensgrad verbunden sein muß. Natürlich schließt 
dieser Grad nach der verschiedenen Begabung der Individuen 
eine unendliche Mannigfaltigkeit von Graden in sich. Er durch 
läuft eine Stufenleiter, die von einer kaum merkbaren Unruhe 
zur stärksten und bewegtesten Thatkraft fortschreitet. Und eben 
so die Handlung, die der poetisch erregte Wille ausführt: sie stei 
gert sich vom schlechten Versuche des Stümpers bis zum gelunge 
nen Werke des Meisters. Offenbar hängt das Maß der künst 
lerischen Seelenkrast von der poetischen Willensstärke ab, und 
diese ist bedingt durch die Gewalt und Lebendigkeit, womit die 
ästhetischen Vorstellungen wirken. Es sind die künstlerischen 
Geister hervorragender Art, die Genies, in denen die ästheti 
schen Vorstellungen mit überwiegender Stärke und mächtiger, 
als die übrigen Vorstellungen, wirken. Die Harmonie bildet 
das Object der ästhetischen Vorstellung und die Absicht des künst 
lerischen Willens. Nun erblickt Leibniz die Harmonie der Dinge 
besonders in der Uebereinstimmung ihrer Theile und Bewegungen, 
in den richtigen Proportionen, in den regelmäßigen Verhältnissen. 
In der dunkeln Perception dieser Harmonie bestand ihm der 
Kunstgenuß. Zn dem dunklen Streben, ein Werk dieser Art 
selbst hervorzubringen, besteht ihm daher das Element des künst 
lerischen Schaffens, und in dem Werke selbst, das aus einer 
solchen Willensrichtung folgt, die Kunstschöpfung. Die harmo 
nischen oder schönen Formen sind bei Leibniz noch in nächster 
Verwandtschaft mit den mathematischen Bildungen und die har 
monischen oder künstlerischen Werke mit den mechanischen. Die 
Welt selbst gilt ihm für eine lebendige Maschine; das menschliche 
Kunstwerk wiederholt im Kleinen, was die Welt im Großen dar 
stellt. Wie der menschliche Geist eine Welt im Kleinen ist, so
	        
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