Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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die gesammte menschliche Wissenschaft sich ebenso unabhängig von 
den besonderen Volkssprachen mittheilen lassen, als die Mathe 
matik zum augenscheinlichsten Vortheil ihrer ebenso sichern als all 
gemeinen Verständlichkeit? • Die Aufgabe einer Weltschrift ist ge 
löst, sobald die Wissenschaften alle das Beispiel der Mathematik 
nachahmen und Charaktere gefunden werden können, die alle 
Begriffe so genau bezeichnen, als die arithmetischen und algebrai 
schen Zeichen die Größen und deren Verhältnisse. Dann werden 
sich die wissenschaftlichen Wahrheiten insgesammt ebenso verständ 
lich ausdrücken, ebenso genau beaufsichtigen und gleichsam nach 
rechnen lassen, als jetzt die mathematischen. Man müßte die ein 
fachsten, elementaren Begriffe, gleichsam „das Gedankenal- 
phabet" auffinden und für dieses Alphabet allgemein gültige 
Charaktere bestimmen, die dann, wie sie zusammengesetzt werden, 
zusammengesetzte Begriffe, Urtheile, Schlüsse darstellen und 
auf diese genau bestimmte Weise den Gang des wissenschaftlichen 
Verfahrens bezeichnen können. 
Diese Erfindung einer allgemeinen Charakteristik gehört zu 
den frühsten Entwürfen, die Leibniz gefaßt hat, und beschäftigt 
ihn als ein Lieblingsplan durch sein ganzes Leben. Wir werden 
in der Geschichte dieses Lebens die Stelle kennen lernen, wo ihm 
die Idee einer Gedankenschrift aufgeht, zuerst unter dem Einfluß 
und dem Leitfaden der Logik, die ihn auf das Gedankcnalphabet 
hinweist, dann am Beispiele und Vorbilde der Mathematik. 
Hier interessirt uns dieser Plan, eine Weltschrift zu erfinden, um 
die Wortschrift aus dem wissenschaftlichen Großhandel zu verdrän 
gen, als einer der sprechendsten Charakterzüge des Philosophen, als 
einer der deutlichsten Beweise, wie weit dieser universelle Geist 
seine Entwürfe ausdehnte. Es war ein Experiment, welches 
immer von Neuem seine Erfindungskraft reizte.
	        
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