Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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Disposition zur Wirksamkeit, und eben diese Disposition ent 
hält eine Vorherbestimmung, welche die wirksame Natur ent 
weder von Außen empfangen hat oder wozu sie kraft des ei 
genen früheren Zustandes vorbereitet ist. — Darum ist auch der 
Fall von Buridans Esel, der zwischen zwei Wiesen steht und 
mit völlig gleicher Neigung nach beiden Seiten trachtet, offenbar 
eine Fiction, die in der Welt und in der Ordnung der Natur nie 
mals stattfinden kann. Wäre der Fall möglich, so müßte der 
Esel freiwillig verhungern. Indessen die Frage ist im Grunde 
mehr als unmöglich, es müßte denn Gott ausdrücklich dieses 
Wunder hervorbringen. Denn die Welt kann niemals in gleiche 
Hälften getheilt sein durch eine Ebene, die mitten durch den Esel 
geht und ihn der Länge nach senkrecht durchschneidet, so daß auf bei 
den Seiten Alles an Größe und Beschaffenheit vollkommen gleich ist. 
Weder die Hälften des Universums noch die Eingeweide des Thie 
res sind auf beiden Seiten jener senkrechten Theilungsebene von 
gleicher Beschaffenheit und Lage. Es wird mithin in und außer 
dem Esel der Dinge genug geben, die ihn mehr nach der einen 
als nach der andern Seite treiben, so wenig wir davon merken. 
Und wenn auch der Mensch frei ist, was vom Thiere nicht gesagt 
werden kann, so bleibt aus eben demselben Grunde auch im Men 
schen der Fall eines vollkommenen Gleichgewichtes zwischen zwei 
Richtungen schlechthin unmöglich; ein durchdringender Verstand 
würde jedesmal den Grund anführen können, warum der Mensch 
diese bestimmte Richtung ergreift; er würde die Ursache oder das 
Motiv bezeichnen, welches den Menschen gerade dahin geleitet 
hat, obwohl dieses Motiv oft sehr verwickelt und für unsern Ver 
stand unauflöslich sein wird. Denn die Verkettung der zusam 
mengehörigen Ursachen erstreckt sich weit*)." 
*) Hisoäioss. Part I. Nr. 46, 49. Op. phil. pg. 516, 517. 
Tischer, Geschichte der Philosophie. II. — 2. Auflage. 3 g
	        
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