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dingt, wiederum auf andere Naturerscheinungen als ihre Erklä-
rungsgründe hinweist; also kann die letzte Ursache der Dinge über
haupt nicht im Reiche der Natur, sondern nur außerhalb dersel
ben in einer übernatürlichen Macht angetroffen werden. Hier ist
der Punkt, wo die Theologie die Physik ergänzt und der Gottesbe
griff als letzte, unübersteigliche Ursache den natürlichen Causalnexus
abschließt. Der Satz des zureichenden Grundes weist mithin un
willkürlich auf den Gottesbegriff, und dieser ist mit jenem Axio
me zugleich der menschlichen Seele eingeboren. In der Idee der
Causalität überhaupt liegt nothwendig die Idee der absoluten
Causalität eingeschlossen. Das Reich der relativen Ursachen ist
die Natur, die absolute Ursache ist Gott. Und dies ist der
Weg, aus welchem die leibnizische Philosophie zur Gottesidee ge
langt: sie folgert die Theologie aus der deutlichen Erkenntniß der
Natur, d. h. sie beweist das Dasein Gottes aus physikalischen
Gründen. An die Stelle des ontologischen Beweises setzt sie den
kosmologischen. Während bei Descartes der Naturbegriff durch
den Gottcsbegriff unterstützt und vermittelt wird, so ist es bei
Leibniz vielmehr die Physik und Pneumatik, welche die Theolo
gie begründen. Die Kosmologie wird hier durch die Theologie
vollendet. Nur so ist der Begriff der natürlichen Theologie zu
verstehen: das Wesen Gottes wird aus der Natur erkannt und
durch die Natur offenbart*).
Das Axiom der Causalität führt bei Leibniz nicht umsonst
den Namen des zureichenden Grundes. Der zureichende
Grund ist die Endursache der Erscheinungen, und diese ist alle
mal eine zweckthätige. Darum bedeutet die ratio sufficiens zu
gleich causa efficiens und causa finalis, und der darauf bezüg-
*) Vgl. unten Cap. XVI dieses Buchs. Beweise vom Dasein
Gottes.