Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

570 
Ordnung in den Dingen nur mathematisch zu erklären. Also ist 
die ästhetische Vorstellung mehr als dunkle Mathematik, und die 
Tragweite der obigen Sätze muß auf das gesammte Reich der 
Formen in Natur und Kunst bezogen werden. 
2. Leibniz und Baumgarten. 
Auch durchdringt kraft ihrer Principien die leibnizische Phi 
losophie die Elemente, die sich in jeder ästhetischen Vorstellung 
vereinigt finden, und sie begreift deren Verknüpfung, deren na 
türliche Synthese. Darum muß sie nothwendig die ästhetische 
Vorstellung, das Schönheitsgefühl in der menschlichen Seele ent 
decken, und obwohl sie diese Entdeckung nur vorübergehend be 
rührt, nur mit wenigem angedeutet hat, so zählen diese Andeu 
tungen unter ihre fruchtbarsten Ideen. Sie erkennt auf der einen 
Seite in den Dingen und in der Weltordnung die formgebende, 
zweckthätige Kraft und die harmonische Ordnung, deren Vorstel 
lung in jedem Wesen gegenwärtig ist und in der menschlichen 
Seele bis zur Vernunfteinsicht fortschreitet. Auf der andern Seite 
erkennt sie in der menschlichen Seele die Entwicklung der vorstel 
lenden Kraft und in dieser Entwicklung den Moment der dunklen, 
fühlenden Vorstellung. Also muß hier eine dunkle Perception, 
ein Gefühl der Form und harmonischen Ordnung stattfinden, und 
eben dieses Gefühl ist die ästhetische Vorstellung. Sie verknüpft 
in einem Acte die objective Form mit dem subjectiven Gefühle. 
Diese Verknüpfung ist eine natürliche Synthese, weil die Form 
vorstellung, indem sie sich entwickelt, nothwendig auch durch 
die Stufe des dunklen, fühlenden Seelenlebens hindurchgeht. 
Aesthetisch ist die empfundene Form. Schön ist die empfundene 
(gefühlte, dunkel percipirte) Harmonie; häßlich die empfun 
dene Unform, die gefühlte Disharmonie. Dieser Schönheitsbe-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.