Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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gen; daraus entwickelt sich die bewußte Geistesthätigkeit. In den 
angebornen Ideen, welche zuerst kleine (unbewußte) Borstellun 
gen sind, liegen die logischen Bedingungen der Erkenntniß und 
die Antriebe der moralischen Willensrichtung. Alle deutlichen 
Vorstellungen waren vorher dunkle. Das Bewußtsein erzeugt 
nicht völlig neue Ideen, sondern durchdringt und beleuchtet nur 
die in der Seele gegebenen. Eben so wenig gebiert der Wille 
rein aus sich heraus Vorsatz und Absicht seiner Handlungen, son 
dern er ergreift stets den hervorstechenden, überwiegenden Antrieb. 
Die deutliche Willensabsicht ist allemal der am meisten intensive, 
entwickelte, darum ins Bewußtsein getretene Trieb. Wie nun 
jeder Trieb oder Jnstinct einen unwillkürlichen Seelenact bildet, 
so giebt es im menschlichen Willen keine bloße Willkür, in der 
menschlichen Seele keine leere Selbstbestimmung oder keine Freiheit, 
die gleich ist der reinen Willkür. Aus der Natur der menschlichen 
Seele und näher aus den kleinen Vorstellungen ergiebt sich mit 
hin der eigenthümliche, eingeschränkte Freiheitsbegriff, welcher 
der leibnizischen Sittenlehre zu Grunde liegt. Es wird sich zei 
gen, daß dieser Freiheitsbegriff, wie früher die leibnizische Er 
kenntnißtheorie, die Mitte und den Uebergang bildet zwischen 
Spinoza und Kant, zwischen der dogmatischen und kritischen, 
der rein naturalistischen und der rein moralistischen Philosophie. 
„Alle Eindrücke," sagt Leibniz in den neuen Versuchen, „haben 
ihre Wirkung, aber alle Wirkungen sind nicht immer bemerkbar; 
daß ich mich lieber dahin als dorthin wende, geschieht sehr oft 
durch eine Verkettung kleiner Eindrücke (pur uu encliainemeut 
de petites impressions), deren ich mir nicht bewußt bin, und 
die mir diese Bewegung weniger annehmlich als jene machen. 
Alle unsre unwillkürlichen Handlungen resultiren 
aus dem Zusammenwirken kleiner Vorstellungen,
	        
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