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in jedem Individuum zahllose Fäden, die es mit allen Dingen,
alle Dinge mit ihm verbinden; doch ist jedes Individuum von
Natur in ein solches unendlich seines, unendlich mannigfaltiges,
nie ganz zu entwirrendes Gewebe verflochten. Wie in dem Mit
telpunkte eines Kreises zahllose Radien zusammenlaufen, zahl
lose Centriwinkel (entweder factisch oder idealiter) enthalten sind,
so schließt die menschliche Seele unendlich viele Beziehungen und
Vorstellungen in sich. Jenen unsichtbaren Fäden im Gewebe der
Welt entsprechen die bewußtlosen kleinen Vorstellungen in der
Seele des Menschen. „Sie bilden," sagt Leibniz, „jenes un
sagbare Etwas, die Empfindungsweise, die sinnlichen Vor
stellungen, die im Ganzen klar, im Einzelnen verworren sind;
die Eindrücke, welche die Außenwelt auf uns ausübt, und die
das Unendliche in sich schließen, nämlich das Band, das jedes
Wesen mit dem ganzen übrigen Universum verbindet*)."
3. Schlaf und Wachen. (Das Träumen.)
Unsere Erfahrung kennt keinen Lebenszustand, worin die
vorstellende Kraft pausirt und der Geist aufhört, Vorstellungen
zu bilden. Etwa den Schlaf? Auch das schlafende Leben hat
seine Vorstellungen, indem es träumt, und wir träumen i m -
m e r. Was man den traumlosen Schlaf nennt, das ist nichts,
als der tiefe Schlaf, an dessen Träume wir uns nicht mehr er-
*) Ces petites perceptions sont done de plus grande effi-
cace qu’on ne pense. Ce sont eiles, qui foranent ce je ne
sai quoi, ces gouts, ees Images des qualite's des sens, claires
dans l’assemblage, mais confuses dans les parties; ces itnpres-
sions, que les corps, qui nous environnent, fönt sur nous et qui
enveioppent l’infini; cette liaison, que chaque etre a
avec tout le reste de l’univers. Nouv. ess. Avant
propos. Op. phil. pg. 197.