Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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treten und ihn wieder verlassen, ebenso allmählich treten die Vor 
stellungen in unser Bewußtsein, verlieren an Deutlichkeit, je 
weiter sie sich nach der Grenze der geistigen Gesichtsweite entfer 
nen, und wie sie die äußerste Linie überschreiten, so sinken sie 
wieder herab in die Schattenregion der Seele. Wir vergleichen 
die bewußten Vorstellungen mit den sichtbaren Dingen, die be 
wußtlosen mit den nicht sichtbaren, sei es, daß wir diese noch 
nicht gesehen haben oder nicht mehr sehen. Wird man noch sagen, 
daß es außer den bewußten Vorstellungen in unserer Seele gar 
keine Vorstellungen giebt? Dies wäre ungefähr, als ob man sa 
gen wollte: außer den Dingen, die wir sehen, giebt es auf unserer 
Erde keine Dinge weiter; die Grenze unseres Horizontes ist die 
Grenze unseres Weltkörpers ; wo der Himmel die Erde zu berüh 
ren scheint, da berührt er sie wirklich! So dürfen die Kinder 
urtheilen, aber nicht die Geographen. In der That, ein Psycho 
log, der die bewußtlosen Vorstellungen leugnet und die menschliche 
Seele da aufhören läßt, wo der bewußte Geist aufhört, käme 
einem Geographen gleich, der die Erde für eine Fläche erklärt 
und unsern Gesichtskreis für deren Grenze. Wie der sinnliche 
Horizont nur den kleinsten Theil der irdischen Welt umfaßt, so 
erleuchtet der bewußte Geist immer nur einen sehr kleinen Theil 
des menschlichen Mikrokosmus und erleuchtet ihn so, daß die be 
wußten Vorstellungen von der Peripherie nach dem Centrum zu 
immer deutlicher, von dem Centrum nach der Peripherie hin im 
mer dunkler werden. Ein Psycholog, der die bewußte Vorstel 
lungswelt in diesen Schattirungen nicht einsieht, in dieser wach 
senden und abnehmenden Deutlichkeit, gleicht einem chinesischen 
Maler, der die Kunst der Perspective nicht versteht und dessen 
Bilder darum so weit hinter den Anschauungen der Natur zu 
rückbleiben.
	        
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