Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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In dem Universalgeiste dieses Mannes war fortwährend die 
Idee des Ganzen gegenwärtig als einer Alles umfassenden, ord 
nenden, erhaltenden Weltharmonie. Diese Idee wußte er, un 
ter den gegebenen Bedingungen der Zeit in den religiösen, kirch 
lichen, politischen Rahmen zu fassen, und hier erscheint sie uns 
in nothgedrungenen und darum abgeschwächten Formen. Aber 
selbst für die abgeschwächte Form war das Zeitalter nicht stark 
genug. Die Idee des Ganzen, der großen vaterländischen Ge 
meinschaft war diesem Zeitalter abhanden gekommen und praktisch 
völlig unwirksam geworden. Die Particularinteressen hatten die 
Oberhand gewonnen und mit ihrem eigennützigen Treiben einen 
Weltzustand herbeigeführt, der schon die Spuren des Verderbens 
an sich trug. Leibniz erkannte diese Zeichen des politischen Ver 
derbens und sah die Folgen voraus; er sah die abschüssige Bahn 
vor sich, auf der das alte Europa dem Untergange entgegenging. 
Was die Geister zu allen Zeiten prophetisch macht, ist nichts An 
deres als die tiefe Einsicht, womit sie das Grundübel des vor 
handenen Weltzustandes durchschauen. Leibniz hatte die große 
Voraussicht, daß Europa's Zukunft von einer allgemeinen Revo 
lution bedroht sei, wenn nicht von Innen heraus eine Umwandlung 
der politischen Denkweise, eine gemeinnützige Erhebung der In 
teressen bewirkt werden könne, die das wuchernde Umsichgreifen 
der schlechten Sonderbestrebungen, das ganze System des politi 
schen Egoismus, noch bei Zeiten hindere. „Ich finde," sagt Leib 
niz in einer Stelle seiner bedeutendsten Schrift, „daß Meinun 
gen, die an eine gewisse Zügellosigkeit grenzen, Alles vorbereiten 
für die allgemeine Revolution, von welcher Europa bedroht ist, 
und vollends zerstören, was in der Welt noch übrig geblieben von 
jenen großherzigen Gefühlen der alten Griechen und Römer, wel 
che die Liebe zum Vaterlande und die Sorge für die Nachwelt,
	        
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