Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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Kant und Fichte werden sie von dem menschlichen Selbstbewußt 
sein hervorgebracht, und so wenig das Selbstbewußtsein angebo 
ren ist, so wenig sind es jene Begriffe. Sie gelten bei Descar- 
tes als ursprüngliche Thatsachen, bei Kant und Fichte als ur 
sprüngliche „Thathandlungen"*). Darin liegt folgender Un 
terschied. Thatsachen sind gegeben und bestehen auch ohne un 
ser Zuthun: so die Erkenntnißprincipien bei Descartes; That 
handlungen dagegen sind nur, indem sie vollzogen werden, sie 
sind nicht Data, sondern Acte, die man nur erkennt, indem 
man sie ausführt: so die Kategorien bei Kant und Fichte. Wie 
die mathematischen Figuren nur sind, indem sie unsere An 
schauung entwirft oder construirt, so sind die Kategorien nur, 
indem wir sie denken. Was sind die ursprünglichen Begriffe 
bei Leibniz? Was sie bei Descartes waren: Thatsachen, die wir 
in unserer Seele finden und so wenig als unser eigenes Dasein 
selbst schöpferisch hervorbringen. Sie gehen der Reflexion voran 
und sind also weit entfernt, erst durch unsere selbstbewußte Thä 
tigkeit zu entstehen. 
Worin unterscheidet sich nun Leibniz von Descartes, wenn 
doch bei beiden die Erkenntnißprincipien angeborne Ideen oder 
ursprüngliche Thatsachen in unserm Geiste sind? Diese Thatsa 
chen sind gegeben. Von wem? Nach Descartes sind uns jene 
*) So nennt sie Fichte. Und ebenso niüsien die Kategorien auch 
im Geiste der kantischen Philosophie angesehen werden. Der wörtliche 
Ausdruck Kants, daß die reinen Verstandesbegriffe a priori gegeben seien, 
zeugt nickt dagegen. Denn einmal will Kant diese Begriffe von den an- 
gebornen Ideen wohl unterschieden wissen, und dann macht er in seiner 
Kritik der reinen Vernunft selbst den Versuch, sie aus dem ursprünglichen 
Acte des Selbstbewußtseins abzuleiten. Vgl. Bd. III dieses Werks. 
Erstes Buch. Cap. III. S. 350 flgd.
	        
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