Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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II. 
Die thierische und menschliche Seele*). 
1. Gedächtniß und Erkenntniß. 
Die menschliche Seele ist die Anlage des Geistes und unter 
scheidet sich darin von der thierischen, die vermöge ihrer Schranke 
auf einer niedern Lebensstufe befangen bleibt. Der Mensch hat 
das Vermögen, Person zu werden; seine vorstellende Kraft ist 
von Natur befähigt, das Vorgestellte deutlich aufzuklären d.h. 
zu reflectiren, ihrer selbst und der Welt inne zu werden und, was 
nothwendig daraus folgt, vernunftgemäß zu denken. Das Thier 
ist nie Person, sondern nur Individuum, nie Geist, sondern 
nur Seele; die thierische Seelenkraft kann das Vorgestellte em 
pfinden, aber nicht wissen; ihre Vorstellungen bleiben Eindrücke 
und werden niemals Objecte. Die Schranke der Empfindung 
ist die Schranke der Thierseele. Um den Unterschied zwischen 
Seele und Geist in eine feste Formel zu fassen, so vergleichen wir 
die Seele auf dem Standpunkte der thierischen Empfindung mit 
dem Geist aus dem Standpunkte des denkenden Bewußtseins. 
Wie unterscheidet sich die sinnliche Vorstellung von der denkenden, 
die „sensio“ von der „cogitatio“ ? Jene percipirt nur gegebene 
Eindrücke, und was nicht sinnlich gegeben ist, kann niemals von 
der thierischen Seele vorgestellt werden. Wenn sich dieselben Ein 
drücke oft wiederholen, so gewöhnt sich die Seele an deren Ver 
knüpfung, und wie sich die Gewohnheit in die immer wieder 
kehrende Folge gewisser Vorstellungen einlebt, so vermag die 
*) Vgl. besonders Commentatio de anima brutorum. Nr. X. 
XIV. Op. phil. pg. 464, 465. Monadologie. Fr. 25 — 30. 
Op. phil. pg. 707. Principes de la nat. et de la gr. Nr. 4, 5. 
Op. phil. pg. 715.
	        
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