Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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der Dinge den Wendepunkt, wo aus dem Individuum die Per 
son, aus der natürlichen Welt die moralische hervorgeht. Die 
moralische Welt bildet im Unterschiede von der natürlichen den 
Geisterstaat oder das Reich der bewußten Zwecke. Das Verhält 
niß beider Welten erklärt Leibniz gewöhnlich durch den Begriff 
der Harmonie: die moralische Welt verhält sich zu der natürlichen, 
wie die Person zum Individuum, wie der Geist zur Seele, wie 
die Seele zum Körper, wie die Endursachen zu den wirkenden 
Ursachen. Wir nehmen den leibnizischen Begriff der Harmonie 
stets in dem ausgemachten Verstände: sie bedeutet (nicht den Pa 
rallelismus oder die Nebenordnung verschiedener Wesen, sondern) 
das continuirliche Stufenreich der Kräfte, die von^den niedern 
zu den höhern fortschreiten. Wie überall die niedere Kraft nach 
der höhern strebt, so strebt die dunkle Vorstellungskraft nach der 
deutlichen, die Natur nach dem Geiste, die physische Welt nach 
der moralischen. Die letztere ist der Zweck, der gleichsam der 
Natur auf ihrem Stufengange vorschwebt, der sich von Stufe zu 
Stufe immer mehr aufklärt, bis ihn die geistgewordene Seele 
mit Bewußtsein erfaßt. Da nun zwischen Natur und Geist, 
zwischen Mechanismus und Moralismus keine Kluft, sondern 
ein stetiger Uebergang stattfindet, so besteht zwischen den beiden 
Welten eine vollkommene Uebereinstimmung oder Harmonie. Es 
ist dasselbe Gesetz der unendlich kleinen Differenzen, welches die 
moralische Welt mit der physischen in eben dem Punkte verknüpft, 
wo die bewußte Vorstellung aus der bewußtlosen hervorgeht. 
So müssen wir aus dem Gesichtspunkte der leibnizischen Philo 
sophie die Natur nicht bloß als den Schauplatz der moralische» 
Weltordnung, sondern als deren eigene Grundlage und Element 
betrachten. 
Sie verhalten sich genau, wie das Individuum zur Person,
	        
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