475
stellungskrast, also die höhere Stufe der Individualität oder das
(relativ) vollkommnere Wesen; die geringere Deutlichkeit da-
gen beweist den niedern Grad der Kraft, die niedere Stufe der
Natur, das (relativ) unvollkommnere Wesen. Vollkommen-
heit und Unvollkommenheit gelten hier in vergleichendem Ver
stände: sie sind Prädicate, die der Monade zukommen in ihrem
Verhältniß zum Ganzen. An sich betrachtet, ist jede Monade
in ihrer Naturschranke befangen; sie kann weder mehr noch we
niger sein, als sie eben von Natur ist, ihr Wesen besteht in einer
ursprünglich bestimmten Individualität, welche die Monade sich
selbst weder geben noch nehmen, sondern nur entwickeln kann,
und sie ist hier um so vollkommner, je mehr sie ihre Naturanlage
erfüllt. Aber mit dem Ganzen verglichen, ist freilich eine Mo
nade beschränkter als die andere: die beschränkte Monade ist nied
riger als die weniger beschränkte, die niedere ist unvollkommner
als die höhere. Und so bilden sie alle jene unendliche Stufenreihe
von Wesen, die von dem Unvollkommnen zu dem Vollkommnen
fortschreitet. In Rücksicht des Individuums besteht daher das
Universum in einer wachsenden Vollkommenheit, und wenn es
nur Individuen gäbe, so könnte die Stufenreihe derselben nie
vollendet, das Universum nie abgeschlossen sein, und das Ganze
selbst wäre in einer wachsenden Vollkommenheit begriffen. Aber
gesetzt, daß ein höchstes Ziel feststeht, welches das Stufenreich
der Dinge zugleich begründet und abschließt, so ist auch das
Ganze in sich vollendet, und die zunehmende Vollkommenheit
fällt nur in die einzelnen Wesen, während das Universum selbst
in gleichmäßiger Vollkommenheit besteht. So muß die Frage
nach der Vollkommenheit des Ganzen angesehen werden, welche
Leibniz in seinen Briefen an Bourguet aufgeworfen hat, ohne
sie aufzulösen, und die Lessing in jener uns bekannten Abhand-