Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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Sie stellen alle dieselbe Welt vor, aber jedes gleichsam unter ei 
nem andern Gesichtspunkte. So kann dasselbe Object von Vielen 
betrachtet werden, aber von den Betrachtenden nimmt jeder sei 
nen eigenthümlichen Ort ein, den er begreiflicherweise mit keinem 
andern gemein hat; jeder befindet sich auf einem bestimmten 
Standpunkte, von dem Gesichtswinkel, Sehlinie, Bild und An 
schauung abhängen: so ist zwar in allen das vorgestellte Object 
dasselbe, aber der vorstellende Gesichtspunkt und darum die Vor 
stellung selbst in jedem verschieden. Auf diese Weise sucht die Mo 
nadologie die Verschiedenheit der Mikrokosmen anschaulich zu ma 
chen : „wie ein und dieselbe Stadt, von verschiedenen Seiten betrach 
tet, immer ganz anders und gleichsam perspectivisch vervielfältigt 
erscheint, so kann durch die zahllose Menge von Monaden der 
Schein entstehen, als gäbe es ebenso viele verschiedene Welten, die 
doch nur Perspectiven einer einzigen Welt sind nach den verschie 
denen Gesichtspunkten (points de vue) jeder Monade *)." 
Was im Bilde die Stadt, das ist in Wahrheit die Welt, 
der Inbegriff aller Monaden; was dort das betrachtende Auge 
und dessen fester Gesichtspunkt, das ist hier die Monade und 
deren unveräußerliche Individualität. Ein anderes Individuum 
ist eine andere Vorstellung der Welt oder ein anderer Mikrokos 
mus. Im Menschen läßt sich ohne Zweifel das Ganze besser, 
deutlicher erkennen als im Thier, in der Pflanze oder im Stein: 
so ist der Mensch in einem hohem Sinne Vorstellung des Uni 
versums oder Mikrokosmus, als die geringern und weniger voll 
kommenen Wesen. Nun aber ist das Ganze, die zahllose Fülle 
der Wesen, unendlich groß; das Individuum dagegen, auch das 
höchste, beschränkt und unendlich klein im Vergleiche mit dem 
*) Monadologie. Nr. 57. Op. ph.il. pg. 709.
	        
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