Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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der Ordnung des Ganzen zukommt, so wäre jeder dieser Theile 
eine Monade, jede dieser Monaden ein Mikrokosmus, d. h. es 
müßte ihm eine Vorstellung inwohnen nicht bloß von seiner In 
dividualität, von seiner eigenthümlichen Lage und Stellung, son 
dern zugleich von allen übrigen Theilen und also von dem gan 
zen Gebäude. Wenn die Säule eine Monade wäre, so, sagten 
wir, würde sie sich selbst ausrichten, von selbst in die Säulen 
ordnung eintreten, genau an diesem Punkte, der gerade so weit 
von den benachbarten Säulen entfernt ist, sie würde von selbst 
ihr Capitäl nach oben, ihr Postament nach unten kehren; sie 
würde mit einem Worte so, gerade so handeln, wie es im bau 
meisterlichen Begriff oder in der Vorstellung der Säule liegt. 
Wenn sie aber genau nach dieser Vorstellung handelt, so leuchtet 
doch ein, daß sie ohne dieselbe nicht so handeln könnte? Also 
muß in ihrer Natur diese Vorstellung enthalten sein, oder die 
Säule, wenn sie Monade wäre, müßte ihre Individualität vor 
stellen. Nur diese? Sie könnte ihren Platz in der Reihe der 
Säulen einnehmen und behaupten, diesen Platz, der dieses archi 
tektonische Verhältniß in sich schließt, ohne eine Vorstellung, 
wenn auch noch so bewußtlose, von den andern Säulen zu ha 
ben ? Sie könnte ihr Capitäl dem Dache zuwenden und gerade 
nur ihm ohne eine Vorstellung des Daches? Wenn die Säule 
ihre Individualität vorstellt, so muß sie auch deren benachbarte 
Theile, zuletzt das ganze Gebäude, den Tempel, dem sie ange 
hört, selbst vorstellen, oder es wäre unerklärlich, daß sie von 
selbst die Stelle trifft, die ihr in dem Systeme des Ganzen zu 
kommt. Also müßte die Säule, wenn sie eine Monade wäre, 
ein Mikrokosmus sein, d.h. sie müßte nicht bloß ihre Indivi 
dualität, die Natur der Säule, sondern den ganzen Bau in allen 
seinen Theilen vorstellen.
	        
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