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begriffe, wenn auch nicht dem Buchstaben nach zu theilen, so
doch dem Geiste nach zu vertheidigen. So ist der wahre Gedanke
der ewigen Strafen von Leibniz in der Vorrede zur Schrift des
Sonerus (gegen die Ewigkeit der Strafen) und in der Theodicee
behauptet, und ebenso ist bei Gelegenheit jener Vorrede Leibniz
von Lessing vertheidigt worden. „Ich muß zuvörderst," sagt
Lessing, „jene esoterische, große Wahrheit selbst anzeigen, in de
ren Rücksicht Leibniz der gemeinen Lehre von der ewigen Ver-
dammniß das Wort zu reden zuträglich fand. Und welche kann
es anders sein als der fruchtbare Satz, daß in der Welt nichts
insuliret, nichts ohne Folgen, ohne ewige Folgen ist? Wenn daher
nun keine Sünde ohne Folgen sein kann, und diese Folgen die
Strafen der Sünde sind, wie können diese Strafen anders
als ewig dauern? Wie können diese Folgen jemals Folgen zu
haben aufhören? — Genug, daß jede Verzögerung auf deni
Wege zur Vollkommenheit in alle Ewigkeit nicht einzubringen ist
und sich also in alle Ewigkeit durch sich selbst bestraft. Denn
nun auch angenommen, daß das höchste Wesen durchaus nicht
anders strafen kann als zur Besserung des Bestraften; angenom
men, daß die Besserung über lang oder kurz die nothwendige
Folge der Strafe sei: ist es schon ausgemacht, ob überhaupt die
Strafe anders bessern kann als dadurch, daß sie ewig dauert?
Will man sagen: „„allerdings, durch die lebhafte Erinnerung,
welche sie von sich zurückläßt?"" Als ob diese lebhafte Erinne
rung nicht auch Strafe wäre*)?"
*') Lessings sämmtl. Schriften. (Lachmnnu'sche Ausgabe.) Bd. IX.
„Leibniz von den ewigen Strafen". Nr. VIII. und IX. S. 167,
169. Lessing berührt dieses Thema bei der Herausgabe einer von Leib
niz verfaßten Vorrede zu der'Schrift des E. Soncr: „Demonstratio