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schied bezeichnen zwischen den leibnizischen und den herkömmlichen,
namentlich theologischen Unsterblichkeitsbegriffen: diese erklären
das Individuum für unsterblich, obgleich es stirbt; die Monaden
lehre dagegen erklärt es für unsterblich, weil es nicht stirbt.
Dort gilt die Unsterblichkeit als eine Ausnahme von den Natur
gesetzen, hier als eine nothwendige Folge derselben: Leibniz be
hauptet eine natürliche Unsterblichkeit, weil er den natürlichen
Tod leugnet nach jenem Worte, welches ein römischer Dichter
dem Pythagoras in den Mund legt „morte carent animaedie
andern lehren eine moralische Unsterblichkeit trotz des natürlichen
Todes, den sie als eine zweifellose Thatsache voraussetzen. In der
gewöhnlichen Vorstellungsweise wird die Unsterblichkeit als ein
Vorzug des Menschen betrachtet, während sie Leibniz jedem le
bendigen Körper zuschreibt. Nur sofern der Mensch sich von den
andern Wesen der Natur unterscheidet, ist auch seine Unsterblich
keit von der bloß animalischen unterschieden. Diesen Unterschied
übersieht Leibniz so wenig, daß er ihn vielmehr in seinen Un
sterblichkeitsbegriffen immer ausdrücklich hervorhebt. Da nämlich
die menschliche Seele sich ihrer selbst bewußt ist und das Vermö
gen in sich schließt, nach bewußten Absichten zu handeln, so ist
das menschliche Individuum im Unterschiede von dem thierischen
eine Person oder ein moralisches Wesens. Die natürliche Un
sterblichkeit des menschlichen Individuums ist darum zugleich eine
persönliche oder moralische Unsterblichkeit: jene geht nur auf das
Individuum, diese auf die Person. Als Individuum ist der
Mensch unsterblich, wie das Thier und wie jeder andere lebendige
Körper; als Person ist er es in einem höhern Sinne. So kommt
*) Nempe animae semper manent substantiae, mentes
vero semper personae. hjp. ad Er. Hoffmannum. Op. phil.
pg. 161.