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absolute Begriff, die causae efficientes als der relative angese
hen werden müssen. Der Zweck gilt in Rücksicht auf die wir
kende Causalität nicht als der nebengeordnete, sondern als der
übergeordnete Begriff*).
Dies ist das wahre Verhältniß beider, wie es im Geist und
Buchstaben der leibnizischen Philosophie feststeht. Das Reich der
Zwecke und das der wirkenden Ursachen, Seelenreich und Körper
reich , die invralische und die natürliche Ordnung der Dinge oder,
wie sich Leibniz bisweilen ausdrückt, „Moralismus und Mecha
nismus" sind nicht verschiedene Welten, eben so wenig als Seele
und Körper verschiedene Wesen sind. Sonst hätte Leibniz nie
mals die Physik auf die Metaphysik gründen, niemals die Zweck
begriffe auf die Natur anwenden, niemals die moralische Welt
als den Zweck der natürlichen ansehen können. Will man diese
Auffassung von dem Verhältniß zwischen Seele und Körper wi
derlegen, so wird man beweisen müssen: I) daß nach Leibniz
Seele und Körper sich anders verhalten, als Finalursache und
wirkende Ursache, als moralische und natürliche Welt, 2) daß die
moralische Welt nicht der innere Zweck der natürlichen sei.
3. Die oberste Geltung des Zweckbegriffs.
Gerade im Zweckbegriff entdeckt Leibniz den Coincidenzpunkt
der natürlichen und moralischen Welt. Auf diese Entdeckung
gründet sich die deutsche Aufklärung. Weil der Zweck ein Natur
begriff ist, darum läßt sich aus natürlichen Begriffen das Reich
der Zwecke, also Moral und Religion erklären. Darum kann
dieses System, was die frühern, namentlich die Lehre Spinoza's,
"') Ita fit, uit efficientes causae peiideant a finalibus, et
spiritualia sint natura priora materiaiibus. Ep. ad Bierlingium
Nr. II. Op. phil. pg. 678.
Fischer, Gcschichle der Philosophie U. — ’i. Auslage. 26