Volltext: Leibniz und seine Schule [2. Band] (2,2 / 1867)

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stimmt er mit Malebranche und Geulinx überein, daß zwischen 
Seele und Körper kein physischer Einfluß stattfinde, welchen Des- 
cartes nicht ganz geleugnet und die Scholastiker behauptet hatten. 
Allein die Occastonalisten erklären die Harmonie zwischen Seele 
und Körper für ein immerwährendes Wunder, welches ein Deus 
ex machina in jedem Augenblicke wiederholt und erneuert; Leib- 
niz dagegen sieht in solchen unaufhörlichen Wundern „miracles 
deraisomiables“. Wenn zur letzten Erklärung der Harmonie 
ein Wunder nöthig ist, so geschieht es nur einmal im Ursprung 
der Welt, und von da nehmen die Dinge und mit ihnen das Ver 
hältniß von Seele und Körper ihren naturgemäßen Verlauf. So 
verwandelt Leibniz das übernatürliche'Verhältniß in ein natür 
liches oder das Wunder überhaupt in ein Naturgesetz: es gilt 
ihm als eine Schöpfung, die sich in dem Augenblicke, wo sie ge 
schieht, in Natur verwandelt. Das Verhältniß von Seele und 
Körper ist bei Leibniz eine natürliche Ordnung, die nach gött 
lichen Gesetzen im Ursprung der Dinge gegeben ist und aus eige 
nen Kräften ihre eingebornen Gesetze erfüllt. Dieser Unterschied 
zwischen Leibniz und den cartesianischen Psychologen ist größer 
als ihre scheinbare Verwandtschaft. Bei den letzter» wird das 
Verhältniß von Seele und Körper durch ein Wunder gemacht, 
welches den Lauf der Natur unterbricht und fortwährend unter 
bricht; sie entdeckten überhaupt dieses Verhältniß nur im Men 
schen , darum erschien ihnen der Mensch als Ausnahme von den 
Dingen, das menschliche Leben als Ausnahme von den Naturge 
setzen, und die Frage nach dem Verhältniß von Seele und Kör 
per als ein ausschließlich anthropologisches Problem, welches nicht 
methaphysisch, sondern bloß theologisch gelöst werden konnte. 
Leibniz dagegen entdeckt in der Natur jedes Dinges Seele und 
Körper; die Frage nach ihrem Verhältnisse ist daher hier eine 
Fischer, Geschichte der Philosophie, n. — 2. Auflage. 25
	        
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