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einzige und weltgeschichtliche Bedeutung dieses Philosophen. Um
ihn richtig darzustellen, muß eben jener Grundgedanke seines
Systems genau und sorgfältig hervorgehoben und geradezu als
der Leitfaden ergriffen werden, an dem wir allein mit Sicherheit
das vielgeräumige Lehrgebäude der leibnizischen Philosophie durch
wandern können. Was der Philosoph selbst in seinen zerstreuten
Schriften oft sagt, worauf er gelegentlich immer wieder zurück
kommt, das muß die Darstellung ausführlich behandeln und un
ter ihre Hauptgesichtspunkte aufnehmen Und nichts hat Leibniz
öfters und nachdrücklicher in seinen Schriften erklärt, ckls daß die
wahrhafte Philosophie in ihrer Welterklärung das Princip der
Zwecke mit dem der wirkenden Ursachen vereinigen müsse. Auf
diese einfache Formel führen sich alle geschichtlichen Gegensätze zu
rück, welche Leibniz in seinem Lehrgebäude beherbergen und ver
söhnen wollte, deren Versöhnung er schon in seinen Jugendschrif
ten, wie in dem Brief an Jacob Thomasius und in der „con-
fessio naturae contra atheistas“ als die nothwendige
Aufgabe einer neuen Philosophie voraus sah*).
Die metaphysische Entgegensetzung der wirkenden Ursachen
und Endursachen bildet die Grundfrage in den Systemen der
frühern Philosophie. Die alte und neuere Philosophie, Idealis
mus und Materialismus, die Scholastik und Descartes, Aristo
teles und Spinoza, Plato und Demokrit sind, was ihre obersten
Principien betrifft, in diesem Gegensatze begriffen: die Einen er
klären die Natur durch Formen und zweckthätige Kräfte, die An
dern durch Materie und mechanische Causalität; jenen erscheint
die Natur als eine ideale, zweckmäßige, lebendige Ordnung der
*) Vgl. oben Buch I. Cap. I. Nr. II. 2. Cap. IV. Nr. IV.